Klimafreundlich leben

Fliegen zerstört jede Erfolgsbilanz

09:14 Minuten
Ein Flugzeug am Himmel zwischen zwei engen Altbau-Fassaden.
Dem Klima zuliebe, den Flugzeugen lieber hinterher schauen. © unsplash / Leon Skribitzki
Fritz Reusswig im Gespräch mit Ute Welty · 17.06.2019
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In Bonn treffen sich ab heute tausende Forscher, um die nächste Weltklimakonferenz vorzubereiten. In Berlin hat ein Projekt versucht, im Kleinen CO2 einzusparen. Was kann jeder Einzelne beitragen? Viel, ist das Fazit. Wenn man nicht ins Flugzeug steigt.
Seit den "Friday for Future"-Protesten kann sich die große Politik beim Klima nicht mehr rausreden - zu massiv sind die Forderungen und Vorwürfe, die aus der jungen Generation kommen. In Bonn beginnt heute die erste UN-Konferenz zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens seit dem Beginn der Schüler-Demos. Mehrere Tausend Experten aus aller Welt sollen hier den nächsten Weltklimagipfel im Dezember in Santiago de Chile vorbereiten.
Dass man auch jetzt schon privat etwas tun kann, hat das Projekt "Klimaneutral leben in Berlin" bewiesen: Ein Jahr lang versuchten rund hundert Berliner Haushalte, mit Hilfe eines neuen Lebensstils das Klima zu schonen.
In diesem "Reallabor" unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) konnten die Haushalte ihre Klima-Bilanz im Schnitt um rund zehn Prozent verbessern. Manche der Teilnehmer hätten aber auch zwischen 20 und 40 Prozent CO2 eingespart, sagte Projektleiter Fritz Reusswig im Deutschlandfunk Kultur.

Die in Plastik verpackte Bio-Gurke contra die normale Gurke

Wer das Klima schonen will, hat Reusswig zufolge jede Menge Möglichkeiten, aktiv zu werden. Als Beispiele nannte er die Umstellung von Erdgas auf Biogas, den Wechsel zu Strom aus erneuerbaren Quellen, den Verzicht auf Fleisch, das Auto und vor allem das Fliegen.
Der Teufel liegt allerdings bekanntlich im Detail - und so auch hier. Was soll man kaufen: die in Plastik verpackte Bio-Gurke oder die normale Gurke? Das sei leider der "normale Wahnsinn, dass man so eine Wahl treffen muss", schimpfte Reusswig. In diesem Fall sei die Bio-Gurke trotz Verpackung noch immer "ein bisschen besser". Die Politik müsse endlich klare Rahmenbedingungen schaffen, um umweltfreundliches Verhalten nicht zu bestrafen, forderte er.
Es gebe mehr Leute, die etwas für das Klima tun wollten, als man gemeinhin glaube, sagte der Soziologe. Die Menschen, die bei dem Projekt mitgemacht hätten, seien sehr motiviert gewesen. Mitunter wird aber schnell klar, wie schwer es sein kann, klimaneutral zu leben.
Das größte Problem sei das Fliegen gewesen, sagte Reusswig. Es habe Teilnehmer gegeben, die auf verschiedenen Gebieten viel CO2 eingespart hatten – und denen dieser Erfolg dann wieder durch einen einzigen Flug, einen Schüleraustausch nach Neuseeland, genommen wurde. "Das möchte man ja, dass die Kinder die Welt kennenlernen", sagte Reusswig.
(ahe)
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