Kleists "Hermannsschlacht" am Burgtheater

Allzu sperrig

07:12 Minuten
Szenenbild zur Inszenierung von "Die Hermannsschlacht" von Heinrich von Kleist Premiere am 28. November 2019. Männer tragen Fackeln in einem dunklen Bühnenbild mit großen Betonteilen.
Ein Szenenbild in Martin Kusejs Inszenierung von "Die Hermannsschlacht" von Heinrich von Kleist Premiere am 28. November 2019. © Burgtheater Wien / Matthias Horn
Von Martin Thomas Pesl · 28.11.2019
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Kleists Bühnenwerk galt lange Zeit als patriotisches Drama. In Martin Kušejs erster Inszenierung in Wien müssten sich die Schauspieler zu sehr zurücknehmen, kritisiert Martin Pesl. Vieles sei zu technokratisch und emotionslos.
Auf der Bühne tummeln sich Latein sprechende Römer, nackte Statisten und Fackelträger, grübelnde Strategen und bewaffnete Krieger, in ihrer Mitte Bibiana Beglau als hochemotionale, unbeherrschte und teilweise leider allzu dümmliche Führergattin Thusnelda. Die Inszenierung von Martin Kušej, seine erste Neuinszenierung als Direktor des Burgtheaters, verweigert bewusst jeden Drive, und "Die Hermannsschlacht" ist – trotz einiger Ausbrüche brutaler Gewalt – ein allzu sperriges Stück, um damit in diesem getragenen Tempo zu punkten.

Martin Kusej ist seit der Spielzeit 2019/20 Direktor des Burgtheaters Wien
Martin Kusej ist seit der Spielzeit 2019/20 Direktor des Burgtheaters Wien © picture alliance / dpa / Andreas Gebert
Das Aufregendste an Heinrich von Kleists selten gespieltem Stück "Die Hermannsschlacht" ist die über die Jahre sich wandelnde Lesart der Hauptfigur. Zur Entstehungszeit sah man darin Hermann Kleists Wunsch gespiegelt, Deutschland gegen die Angriffe des napoleonischen Heeres zu einen. Die Nazis inszenierten ihn als den großen Nationalhelden, Claus Peymann als trickreichen Partisanen.

Das Husten im Premierenpublikum

Martin Kušej macht aus dem Helden Hermann einen unsympathischen Tyrannen, einen kalkulierten Machtmenschen, der seinen kaltblütigen Plan beinhart durchzieht. Am Ende wird er von seinen germanischen Mitstreitern in den Uniformen rechter Burschenschafter zum König gekrönt. Diese Sichtweise ist aus heutiger Sicht naheliegend und konsequent, führt alleine aber noch nicht zu einer spannenden Inszenierung. Markus Scheumann legt die Rolle bedacht und berechnend an – allerdings so bedacht und leise teilweise, dass der Chor der Hustenden im Premierenpublikum ihn übertönte.
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