Klaus Doldingers "Motherhood" neu aufgenommen

Jazz-Legende taucht in die Vergangenheit

05:28 Minuten
Porträtfoto des Jazzmusikers Klaus Doldinger
Hielt das Album "Motherhood" für wert, es noch eimal aufzunehmen: der Jazzmusiker Klaus Doldinger. © imago images / Sven Simon
Von Sarah Seidel · 11.05.2020
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Der Saxofonist Klaus Doldinger schuf neben Jazz-Musik auch die Tatort-Melodie und den Soundtrack zum Film "Das Boot". Sein Jazz-Rock-Projekt "Motherhood" von 1969 hat der fast 84-Jährige nun noch mal neu aufgenommen - mit prominenten Gästen.
Gleich mit dem ersten Stück des neuen Albums "Motherhood" geht der Vorhang auf und die Zeit Ende der 60er-Jahre wird wieder lebendig.
Im Anschluss ein Song, der ebenso deutlich zeigt, wohin die Reise zeitlich geht. Mittendrin Klaus Doldinger am Saxofon. Als er das Original-Album "Motherhood" aufnahm, war er Mitte 30, wagemutig und experimentierfreudig. Knapp 50 Jahre später war er beim Hören der alten Aufnahmen erstaunt "über die melodiöse Vielfalt dieses Albums". Und er habe sich gedacht, es sei es wert, das noch mal neu aufzunehmen. "Man kann es natürlich noch viel moderner auffassen, wenn man wollte", sagt Doldinger.
Beim Song "Devil Don't Get Me" ist Sänger Udo Lindenberg zu hören. Der ja damals auch vor der Passport-Zeit fest zu seiner Band gehört habe, zwei Jahre lang, erzählt Doldinger. "Der plötzlich in München auftauchte, um mich kennenzulernen, und der noch experimentierte, mit seinen eigenen Möglichkeiten, und sich deswegen auch zurückhielt." Als Sänger sei er bei ihm kaum in Erscheinung getreten. "Das war eine Ausnahme, dass wir dann auch schon mal mit Udo eine Vokalnummer aufgenommen haben."

Musik für Nachtclubs und zum Tanzen

Für die Neueinspielung von "Motherhood" ist Udo Lindenberg allerdings nicht extra noch einmal ins Studio gekommen. Doldinger nutzte die Original-Vokalspur von 1970. Und war froh, dass er sie ohne Probleme einsetzen konnte. Der Gesang: damals noch eine besondere Sache in der Musik des Saxofonisten:
"Denn ich kam ja ursprünglich sowieso von reiner Instrumentalmusik, ich hatte angefangen mit Dixieland, und hatte kaum mal Gesangskünstler mit dabei", erklärt Klaus Doldinger. "Und dann hatte ich ein Quartett, Klaus Doldinger Quartett, das war reine Instrumentalmusik, gelegentlich haben wir natürlich auch mit Sängern auf der Bühne gearbeitet." Erst in der Übergangszeit in Richtung Passport sei der Gedanke aufgekommen, auch Vokalstücke mit einzubeziehen.
Klaus Doldinger wollte damals Musik machen, die man in Nachtclubs spielen konnte. Und Stücke schreiben, zu denen das Publikum tanzen konnte.
Die meisten "Motherhood"-Stücke hatte Klaus Doldinger damals unter seinem Pseudonym "Paul Nero" geschrieben. "Weil ich vorhatte, eigentlich mal, noch in die normale, kommerziellere Musik der Unterhaltungsbranche einzusteigen, ohne dabei aber jetzt meine ganze Persönlichkeit da hineinzubewegen", so Doldinger. "Und wir haben dann also Stücke herausgesucht, wo wir uns gesagt haben, der Paul Nero, der kann jetzt durchaus mal die Charts interpretieren, und daraus jeweils ein neues Album machen."

Musik im Retro-Stil der 70er-Jahre

Eine kommerzielle Schiene, auf der auch James Last war – damals ein Vorbild für den sieben Jahre jüngeren Klaus Doldinger.
Das neue "Motherhood"-Album mit Passport präsentiert zehn Stücke aus der Feder von Klaus Doldinger und ein Spiritual. Gesanglich neu interpretiert von Max Mutzke und China Moses, beides Grenzgänger zwischen Soul, Jazz und Pop und damit für Doldinger genau die richtige Wahl. Dazu gesellt sich der Trompeter Joo Kraus, mit dem Doldinger schon öfter auf der Bühne gestanden hat.
Klaus Doldingers Passport mit "Motherhood" ist Musik im Retro-Stil der 70er-Jahre. Neuer Wein in alten Schläuchen? Wer die alten Aufnahmen zufällig auf Vinyl besitzt, fragt sich vielleicht, warum es jetzt überhaupt noch mal eine neue Version des alten Materials geben musste.

Lustvoll in die Vergangenheit eingetaucht

"Ich wollte der Sache ein bisschen nahe bleiben", sagt Klaus Doldinger. "Und hab’s im Sinne der Uraufnahme eigentlich dann noch mal von der jetzigen Band spielen lassen, das hat bereits im Studio einen Riesenspaß gemacht."
Und Klaus Doldinger ist damit noch einmal lustvoll in eine Zeit eingetaucht, die ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist: eine deutsche Musik-Legende.
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