Klassik - Das muss man gehört haben ...

Von Tasten-Rittern und musikalischen Fehltritten

Die Musiker des Arod Quartetts heißen Jordan Victoria, Alexandre Vu, Corentin Apparailly, Samy Rachid.
Die Musiker des Arod Quartetts Jordan Victoria, Alexandre Vu, Corentin Apparailly, Samy Rachid. © Richard Dumas
Von Rainer Pöllmann · 05.10.2017
Das Arod Quartett spielt Mendelssohn und überzeugt mit seiner ersten CD. Jan Vogler und Bill Murray gehen gemeinsam auf Tournee, die Begegnung von Musik und Literatur aber ist enttäuschend. Rainer Pöllmann stellt die Klassik-Neuheiten der Woche vor.

Newcomer der Woche: Das Quatuor Arod

Arod, das ist im "Herr der Ringe" das Pferd des Elbenprinzen Legolas. Beim Arod Quartett wäre auch Pegasus eine mögliche Assoziation. Erst vor vier Jahren gegründet, letztes Jahr der 1. Preis beim ARD-Wettbewerb in München, Konzerte weltweit – und jetzt die erste CD. Mit Mendelssohn. Nicht besonders originell, aber mit Mendelssohn (so geht die Story) fing alles an. Sie seien "überwältigt" gewesen von dieser Musik. Die innere Nähe der Musiker zu Mendelssohn hört man ihrer Einspielung erfreulich deutlich an, die "Überwältigung" wurde dankenswerterweise eine souveräne Interpretation sublimiert – unsentimental, mit individuellem Ton. Da braucht es gar nicht die emotionale Überfrachtung im Booklet, wo die Musiker von "Schwindelgefühlen" raunen und von "vereinsamten Wesen auf der Suche nach einer ausgestreckten Hand".

Die Edition der Woche: Paul Badura-Skoda

Übermorgen feiert der Wiener Pianist seinen 90. Geburtstag. Nie einer der Mega-Stars – und doch seit Jahrzehnten einer der ganz großen Künstler am Klavier. In unserer Sendereihe "Begegnungen" hat er ausführlich aus seinem Leben erzählt. Zum 90. bekommt er seine eigene Edition. 20 CDs, mit Aufnahmen vor allem aus den 50er- und 60er-Jahren. Mozart, Beethoven, Schubert – der Akzent liegt auf der Klassik und Romantik. Sie war immer die Heimat des Pianisten, in ihr bewegt er sich mit selbstverständlicher Souveränität und unaufdringlichem Gestaltungswillen. Wie fein, unprätentiös und sinnhaft-sinnlich Badura-Skoda diese Musik spielt – davon könnten sich manche "Tasten-Ritter" der Gegenwart eine Scheibe abschneiden.

Die Gegenwart: Hans Zender: Orchesterwerke

"Dialog mit Haydn" – nein, das ist nicht mehr Paul Badura-Skoda, sondern ein Werk des Komponisten Hans Zender. Explizite Bezugnahme eines Zeitgenossen auf die Vergangenheit. Und eines von drei Orchesterwerken Zenders, die jetzt auf CD erschienen sind. Aufnahmen aus den Jahren 1993 und 2010, mit dem Bundesjugendorchester und dem WDR-Sinfonieorchester, bei zwei Werken steht Zender selbst am Pult. Ausdrucksstarke Werke mit "Message": ein Dialog nicht nur mit Haydn, sondern auch mit ostasiatischen Kulturen.

Der Hype der Woche: Jan Vogler und Bill Murray

Sie haben sich im Flugzeug kennengelernt – und gehen jetzt gemeinsam auf Tournee. Der Schauspieler Bill Murray und der in New York lebende Cellist Jan Vogler. "New Worlds" heißt die gemeinsame CD – Neuauflage des alten Traums einer Begegnung von Musik und Literatur. In diesem Fall trifft Bach auf Schubert auf Piazzolla auf Gershwin auf Walt Whitman auf Mark Twain. Im Konzert kann das gut funktionieren, auf CD wirkt es bemüht und klingt nach Kraut und Rüben. Die Begegnung zweier Künstler, die sich persönlich sympathisch sind und "miteinander können", die aber doch auf sehr verschiedenen Planeten wohnen. "New Worlds"? Naja. Eher "Lost in Translating Literature to Music".
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