Kita-Streik

"Setzt euch an einen Tisch und redet miteinander"

Kita-Mitarbeiter in München stellen sich auf Plakaten dar als "Familienfriedensretterin", "Traumabewältiger", "Gewaltopferschützerin" u.a.
Kita-Mitarbeiter fordern mehr Geld - wie hier in München. © imago / Michael Westermann
Von Axel Schröder · 08.06.2015
Was bedeutet ein vierwöchiger Kita-Streik im Alltag? Viele Eltern sind zwar solidarisch mit den Erziehern, doch nach vier Wochen ohne Kinderbetreuung auch am Rande der Belastbarkeit. Axel Schröder hat sich beim größten Kita-Träger in Hamburg umgehört.
Nach dem Streikmarathon atmen nicht nur die Eltern, sondern auch Franziska Larrá, die Leiterin des größten Hamburger Kita-Trägers "Elbkinder" atmet auf:
"Das können sie sich nicht vorstellen, was wir für erschütternde Briefe und Mails wir von Eltern bekommen haben, was das bedeutet, dass unsere Kita jetzt zu hat zum Beispiel und gar nichts angeboten werden kann, weil wir niemanden vor Ort hatten."
Vor den Eltern hat Franziska Larrá das Streikrecht ihrer 5000 Angestellten verteidigt. Nur wie gestreikt wurde, kann sie nicht verstehen:
"Man hat uns zunächst gesagt: 'Mehrtägig unbefristet'. Da wusste man schon nicht: Was heißt das? Man hat uns für drei Tage gesagt, da passiert das und das. Und hat dann einen Tag, bevor die drei Tage zu Ende waren, uns mitgeteilt: 'Es geht weiter!' Und so ging das die nächsten drei Tage, so ging das die ganze Zeit. Wir hatten also kaum eine Möglichkeit, ordentlich eine Notbetreuung zu organisieren, weil unsere Mitarbeiter die gestreikt haben einfach nicht vor Ort waren."
Die ver.di-Forderung nach einem Sprung von vier Gehaltsgruppen auf einmal hält die Elbkinder-Chefin für völlig überzogen, auch wenn das Gehalt der Erzieherinnen und Erzieher dringend erhöht werden sollte.
Streik wurde kompromisslos geführt
Björn Staschen vom Hamburger Landeselternausschuss hätte sich dagegen gewünscht, dass die Arbeitsgeberseite schneller ein Angebot vorgelegt hätte. Aber auch er bezweifelt, ob der Streik tatsächlich so kompromisslos geführt werden musste, auch wenn Erzieher in den letzten Jahren immer mehr zusätzliche Arbeiten übernehmen müssen. Zum Beispiel eine intensivere Schulvorbereitung der Kinder oder die regelmäßigen Kontrollen zur Qualitätssicherung.
"Viele Eltern sind solidarisch mit den Forderungen der Erzieher. Viele Eltern sagen: 'Ja, das ist richtig, den Erzieherberuf aufzuwerten, Erzieher besser zu bezahlen, mittelbare pädagogische Arbeit anzuerkennen.' Sie haben aber nach vier Wochen auch gesagt, dass ihnen das Hemd näher ist als die Hose und dass sie schlichtweg am Rande ihrer Belastbarkeit sind. Und diesen Streik nicht länger ertragen, weil er ihren Alltag so sehr auf den Kopf stellt und weil er auch den Kindern so sehr schadet, dass wir gesagt haben: Setzt euch an einen Tisch und redet miteinander! Es geht so nicht weiter!"
Lieber weitergearbeitet als gestreikt
Ob ver.di die Kita-Streik-Strategie am Ende nützten wird, ist fraglich. Einerseits, erzählt Franziska Larrá vom Kita-Träger Elbkinder, sind einige Erzieherinnen während des Streiks in die Gewerkschaft eingetreten. Anderseits hätten viele von ihnen angesichts der Not von Eltern und Kindern lieber weitergearbeitet als gestreikt. Verunsichert hat die organisierten Pädagoginnen vor allem die später zurückgenommene Ansage ihrer Gewerkschaft: Nur wer den Streik bis zum Ende mit durchzieht, bekommt auch sein Streikgeld ausbezahlt.
Sollte die gerade beginnende Schlichtungsrunde tatsächlich Erfolg haben, geht der Streit in Hamburg wahrscheinlich weiter. Hier, in einer Großstadt mit höheren Lebenshaltungskosten verdienen Erzieherinnen schon heute mehr als anderswo. Und ob dieser Mehrverdienst auch nach einem flächendeckenden Tarifabschluss in gleicher Höhe bestehen bleibt, dass muss erst noch verhandelt werden.
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