Kirchliche Männerinitiativen in Polen

"Mit Gott in die Wildnis"

Ein Mann blickt auf eine nebelige Landschaft.
Kein Strom, kein fließendes Wasser: Um über Gott und das Leben zu sprechen, reisen polnische Männerinitiativen manchmal in die Natur. (Symbolfoto). © Jeremy Yap / Unsplash
Von Marta Kupiec · 14.01.2018
Immer mehr Männer schließen sich in Polen zu christlichen Männerinitiativen zusammen. Sie nennen sich etwa "Das Bündnis der Krieger" und wollen den eigenen Schwächen den Kampf ansagen. Dafür verbringen sie auch schon mal ein Wochenende im Wald.
Ein Männerabend in Krakau. In lockerer Atmosphäre diskutieren zehn Herren im mittleren Alter über Gott und die Welt. Das Treffen findet nicht in einer Kneipe, sondern im Gemeinderaum der St. Joseph Kirche statt. Der 44-jährige Informatiker Andrzej Lewek hat den geschlossenen Kreis initiiert. Seit 10 Jahren gibt es auch offene Treffen, bei denen die Kirche aus allen Nähten platzt. Besonders wenn bei den "Männern des Heiligen Josef" ein bekannter Buchautor, Musiker oder Coach zu Gast ist. Andrzej Lewek:
"Die Männer wollen sich untereinander austauschen. Sie sind dankbar für neue geistige Impulse, besonders wenn sie eine Familie gründen, oder die Verantwortung für Andere übernehmen z.B. als Vorgesetzter am Arbeitsplatz. In der katholischen Kirche Polens gibt es inzwischen unzählige Männergruppen – da tauschen wir uns aus. Dazu gehören 'Die Männer Gottes', 'Die Männer in der Einsiedelei', 'Die Bruderschaft des Heiligen Paulus' – die Liste ist lang. Polenweit gibt es sieben Männer-Netzwerke und 150 Männergruppen."

Kampfansage an die eigenen Schwächen

69 von ihnen haben den Heiligen Josef von Nazaret als Namenspatron gewählt. Den stillen, aber mutigen Mann an Marias Seite, der eine Schwangere mit "Gottes Sohn im Bauch" umsorgte und als Familienoberhaupt seiner Handwerksarbeit nachging. Ständig kommen neue Initiativen hinzu wie "Das Bündnis der Krieger". Da will man, wie der Name schon sagt, den eigenen Schwächen den Kampf ansagen. Alle Gruppen verfolgen das gleiche Ziel, das Verantwortungsbewusstsein der Männer zu stärken. Andrzej Lewek:
"Die Männer haben sich aus ihrer eigentlichen Rolle gestohlen. Eine Frau, die auf ihren Mann nicht bauen kann, fühlt sich unsicher. Wenn er sich zurückzieht, nicht das tut, wozu er eigentlich da ist, versuchen die Frauen die Rolle der Männer zu übernehmen. Wenn der Mann einer Frau mehr Halt gibt, ist das nicht mehr notwendig."

Kein Platz für Machos

Damit ist keine Rückkehr zu einem alten Rollenbild gemeint, bei dem der starke Mann das Sagen hat, an seine Karriere denkt, die Hausarbeit und Kindererziehung der Frau überlässt. Für Machos gibt es bei den "Männern des Heiligen Josef" keinen Platz. Es sind vor allem Männer um die 40, die das Angebot annehmen. Ab und zu schaut ein 18-Jähriger vorbei oder ein paar ältere Herren, die wissen wollen, wie man den "Mann im Mann" aufweckt. Für den 51-jährigen Bauingenieur Krzysztof Pieniążek, passt dieses Angebot.
"In der Kirche klaffte bislang ein Riesenloch. Für Männer, die arbeiten, eine Frau und Kinder haben, gab es so gut wie nichts. Wir sind eine Altersgruppe, die beruflich enorm eingespannt ist. Für viele von uns war das Sakrament der Firmung die letzte Begegnung mit der Kirche. Viele werden erst im Seniorenalter wieder aktiv, wenn man mehr Freizeit hat."

Austausch über Glaube, Kindererziehung und Sexualität

Junge Männer können sich nun innerhalb der Kirche über Themen wie Glaube, Kindererziehung oder Sexualität ganz unter sich austauschen. Sie diskutieren auch über Männerfilme oder fahren gemeinsam zu einem Abenteuer-Event, sagt Łukasz Hajduk, ein Hochschullehrer, der seit 5 Jahren dabei ist.
"Wir organisieren Wochenendtreffen unter dem Motto 'Mit Gott in der Wildnis'. Dabei wohnen wir in Waldhütten, ganz ohne Strom und Wasser. Dort heißt es 'ora et labora', also 'beten und arbeiten'. Bis zu zehn Männer fahren mit. Es ist beindruckend und bringt einem einen enormen Entwicklungsschub."

"Unter Männern versteht man sich besser."

Es sind aber längst nicht nur tief gläubige katholische Männer, die sich in solchen Männerkreisen engagieren, fügt Hajduk hinzu.
"Bevor ich mich der Gruppe angeschlossen habe, dachte ich, dass hier alle gottesfürchtig sind, mit einem Heiligenschein herumlaufen und nicht geerdet sind. Doch es geht darum, sich aufzuraffen, so wie Jesus. Zeugnisse bauen einen auf. Ganz unter Männern versteht man sich einfach besser."
Das gilt auch, wenn die Gruppe männliche Gefangene besucht und freimütig von eigenen Verfehlungen erzählt. Bogusław Kurowski weiß, was es bedeutet, kein gutes männliches Vorbild zu haben. Vieles ist deshalb in seinem Leben schief gelaufen, folglich stürzte er sich in die Arbeit.

600 Väter

Bei Männerrunden lernt er andere Prioritäten zu setzen, sein Leben mit Gott zu meistern. Einmal im Jahr fährt er zu tato.net. Beim Jahrestreffen dieser ökumenischen Initiative kommen bis zu 600 Väter zusammen, auch Protestanten und Russisch-Orthodoxe sind dabei.
"Wir haben mit 200 Männern angefangen, innerhalb von fünf Jahren sind wir doppelt so viele. Es geht vor allem um den Erfahrungsaustausch mit anderen Vätern. Die Religion kommt erst an zweiter Stelle. Doch sobald wir über die Familie sprechen, landen wir schnell bei christlichen Grundwerten. Wir lernen praktisch, was eine gute Vater-Sohn oder Tochter-Beziehung ausmacht."

Ein erzkonservatives Bündnis?

Oder eine Beziehung zwischen Ehepartnern. Andrzej Lewek ist stolz darauf, was in den letzten zehn Jahren unter dem Dach der Kirche gewachsen ist. Auch wenn sich ab und zu Kritiker zu Wort melden, die dahinter ein Bündnis von erzkonservativen Männern vermuten, die am Patriarchat festhalten wollen.
"Eine der polnischen Zeitungen, nannte uns die 'Runde der frustrierten Herren'. Dieser negative Kommentar hat uns im Grunde einen großen Dienst erwiesen. Er zeigte Menschen, die glaubensfern sind, dass solche Initiativen gebraucht werden. Als Gotteskämpfer handeln wir in seinem Auftrag."
Bei so viel himmlischer Unterstützung wundert es nicht, dass die "Männer des Heiligen Josef" auch in der Ukraine, in Weißrussland, Großbritannien oder in Lettland entstanden sind - auf Anregung von polnischen Mitgliedern.
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