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Corona-Tests in Spanien
Die Klubs müssen warten

Die spanische Liga will die Saison ohne Zuschauer zu Ende spielen, sobald es die Politik erlaubt. Um wieder trainieren zu können, sollen alle Spieler regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden. Ein Vorhaben, das angesichts der knappen Testkapazitäten im Land Kritik hervorruft.

Von Hans-Günter Kellner | 25.04.2020
Blick auf das Stadion und einen Parkplatz davor unter bewölktem Himmel. Vor dem Stadion stehen viele Menschen.
Der Alarmzustand der spanischen Regierung verbietet aktuell ausdrücklich den Sport, egal ob für Amateure oder Profis. (Andreas Gebert / dpa )
Die Klubs der ersten beiden Profiligen in Spanien haben es eilig. Medienberichten zufolge wollten sie schon in den kommenden Tagen sämtliche Spieler auf das Coronavirus testen und wieder trainieren. Im Rahmen einer Videokonferenz mit Sportjournalisten hat Javier Tebas, Präsident von La Liga, am Freitag vorgerechnet: "Wir kalkulieren den finanziellen Schaden auf eine Milliarde Euro, wenn wir die Saison nicht zu Ende spielen. Das bedeutet 700 Millionen Verluste für die entgangenen Ligaspiele und 300 Millionen zusätzlich, wenn die Klubs nicht mehr an den europäischen Wettbewerben teilnehmen. Wenn wir dagegen in leeren Stadien spielen, wären die Verluste bei 300 Millionen Euro."
Die Marschrichtung ist für Tebas klar: Die Liga sowie auch die UEFA-Wettbewerbe sollen ohne Zuschauer zu Ende gespielt werden. Dafür sollten die Spieler der ersten beiden Ligen und die Spielerinnen der ersten Frauen-Liga regelmäßig auf das Coronavirus mit dem sogenannten PCR-Verfahren getestet werden, das als besonders zuverlässig gilt, zumindest, wenn Fachpersonal die Proben entnimmt. Betroffen wären mehr als 1.200 Spieler und Spielerinnen, im Monat wären es mehr als 10.000 Tests. Der spanische Gesundheitsminister Salvador Illa sagte dazu am Freitag: "Das Gesundheitsministerium bestimmt, in welcher Form die PCR-Tests durchgeführt werden können und auch, wer solche Tests durchführen kann. Private wie auch öffentliche Institutionen, die über Tests verfügen, ganz egal ob PCR- oder Schnelltests, müssen dies den Behörden mitteilen. Die Tests dürfen nur auf ärztliche Verschreibung durchgeführt werden. Viele Verantwortliche im Profifußball haben auch anerkannt, dass es die Gesundheitsbehörden sind, die entscheiden, wer und in welcher Reihenfolge Tests durchführt."
Medizinisches Personal hat bei Tests Vorrang
Das heißt: Die Klubs müssen warten. Denn das Ministerium hat ganz andere Prioritäten. Gegenwärtig werden in Spanien nicht einmal Ärzte und Pfleger, Polizeibeamte oder die Bewohner von Altenheimen regelmäßig getestet. Da ist das Vorhaben nicht besonders populär, tausende Tests an Profifußballern durchzuführen. Liga Chef Tebas meint dazu: "Ich will nicht über das öffentliche Gesundheitssystem spekulieren. Ich verweise aber auf die privaten Unternehmen. Seat oder die Bank BBVA wollen ihre Angestellten auch testen. Auch wir müssen wieder arbeiten, Reichtum erwirtschaften, wieder produktiv sein. Wir müssen aber auch die Gesundheit unserer Beschäftigten so gut wie möglich schützen. Damit machen wir nichts anderes als die übrigen privaten Unternehmen auch."
Allerdings hatte das Ministerium bei der spanischen Siemenstochter Gamesa auch schon 3.000 Tests beschlagnahmt. Die Befürchtung der Behörden: Die massiven Tests könnten die begrenzten Laborkapazitäten in Spanien erneut überfordern. Auch viele Fans denken, dass das Land derzeit andere Sorgen hat als die der Fußballvereine. Emilio Abejón ist Anhänger von Atlético Madrid und Sprecher der vereinsübergreifenden Faninitiative FASFE: "Um einen Saisonabschluss zu erzwingen und damit Fernsehgelder zu kassieren, kaufen die Klubs jetzt Tests. Ok, es sind private Veranstalter. Aber dennoch sollte das in der Prioritätenliste doch ganz weit unten stehen. Das ist ein Irrsinn, da üben jetzt Manager Druck auf die Regierung aus. Was sind das für Leute, die den Fußball repräsentieren, der für uns so wichtig ist. Er gehört zu den Dingen, die wir am meisten lieben."
Ligapräsident warnt vor Verschuldung
Ligapräsident Tebas warnt hingegen vor einer Überschuldung der Vereine, womit sie in Europa nicht mehr wettbewerbsfähig wären, auch vor Entlassungen in den Geschäftsstellen. Abejón hält das nicht für glaubwürdig, immerhin habe Tebas immer wieder versichert, den Vereinen gehe es wirtschaftlich gut. Der Fansprecher fordert: So lange keine Zuschauer in die Stadien dürften, solle gar nicht gespielt werden: "Ein im Fernsehen übertragenes Trainingsspiel hat nichts mit Fußball zu tun – ganz ohne Publikum. Es würde ja auch niemand behaupten, dass eine Theaterprobe ohne Publikum eine Aufführung wäre, die Probe einer Rockband ohne Zuschauer ein Konzert. Ohne die soziale Komponente, das Treffen der Fans, ist der Fußball etwas anderes."
Wie es nun weitergeht, ist völlig offen. Das spanische Parlament hat gerade erst einer weiteren Verlängerung des Alarmzustands bis zum 10. Mai zugestimmt. Damit ist der Zugang zu allen Sportstätten weiterhin ausdrücklich verboten – auch für Profisportler.