Kinokolumne Top Five

Die fünf spektakulärsten Film-Umbesetzungen

Dennis Hopper, Martin Sheen und Frederic Forrest in einer Szene des Films "Apocalypse Now" (1979) von Francis Ford Coppola
Martin Sheen - hier mit Dennis Hopper und Frederic Forrest - ersetzte in "Apocalypse Now" (1979) Harvey Keitel, der von Regisseur Francis Ford Coppola gefeuert worden war. © imago/United Archives
Von Hartwig Tegeler · 09.12.2017
Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung wurden alle Szenen mit Kevin Spacey aus dem fertigen Film "Alles Geld der Welt" herausgeschnitten und der Schauspieler durch Christopher Plummer ersetzt. Solche Umbesetzungen sind in der Filmgeschichte keine Seltenheit.

Platz 5: E.T. - "Der Außerirdische" von Steven Spielberg (1982)

"It's a cruel world out there", sagt Harrison Ford als Direktor der Schule des kleinen Elliott, Freund vom knubbligen E.T. - und meint wohl nicht das Filmbusiness, auch wenn's passen könnte. Wir sehen Harrison Ford in dieser Szene in E.T. nur von hinten. Dabei war schon Ford ein Star, hatte fünf Jahre zuvor das erste Mal in "Krieg der Sterne" den Han Solo gespielt und drehte gerade "Blade Runner". In einer Drehpause spielte er diese Szene bei Spielberg. Die aber tauchte im endgültigen Film nie auf. Dass das wirklich nur dramaturgische Gründe hatte und sich nicht gegen den Schauspieler richtete, ist daran abzulesen, dass bei Spielberg noch diverse "Indiana Jones"-Auftritte folgten.

Platz 4: "Apocalypse Now" von Francis Ford Coppola (1979)

Bei Coppola war Harrison Ford 1979 in seiner Nebenrolle im fertigen Film dann tatsächlich auf der Leinwand zu sehen. Anders Harvey Keitel. Der wurde vom Regisseur nach wenigen Tagen gefeuert und durch Martin Sheen als Offizier Willard ersetzt. Warum? Keiner weiß es bis heute. Aber, erzählte Cutter Walter Murch später in einem Interview, ganz ist Harvey Keitel aus dem Kriegsepos nicht verschwunden. In der Szene, in der Willard zum Boot geht - man sieht ihn von hinten -, das ist Harvey Keitel, so "Apocalypse Now"-Cutter Walter Murch. Die Szene war gut, sie war im Kasten, warum sollte man sie mit Martin Sheen noch einmal drehen. Er war ja nur der Rücken des Offiziers zu sehen. Ob Harvey Keitel jemals wieder mit Coppola sprach? Nicht bekannt. Doch mit Richard Gere, Charlie Sheen und Judy Garland steht Harvey Keitel in einer illustren Reihe der Stars, die direkt am Set gefeuert wurden.

Platz 3: "Der schmale Grat" von Terrence Malick (1998)

Was kränkt das Ego eines Stars mehr? Rausschmiss am Set oder faktisch im Schnitt? Oder die Veränderung des Gewichts einer Rolle? Die Erfahrung mussten Adrien Brody und Mickey Rourke in "Der schmale Grat" machen. Adrien Brody dachte, er spiele die Hauptrolle, war aber in der finalen Version faktisch Sidekick für Jim Caviezel. Und Mickey Rourke hatte Meister-Regisseur Malick ganz aus dem Film herausgeschnitten. Ob Adrien Brody und Mickey Rourke jemals wieder mit Terrence Malick ...?

Platz 2: "Fitzcarraldo" von Werner Herzog (1982)

Es gibt einen YouTube-Clip mit einer "Fitzcarraldo"-Szene, da brüllt nicht Klaus Kinski, sondern Jason Robards und Mick Jagger schreien sich die Seele aus dem Leib. Robards war die Erstbesetzung des Abenteurers und Opern-Liebhabers Fitzcarraldo. Doch der US-Schauspieler verließ nach sechs Wochen das Set im Dschungel von Peru. Mick Jagger hingegen musste auf Rolling-Stones-Welttournee. Und so begann ein neuer Film - mit Kinski. Und so - meint Produzent Walter Saxer rückschauend - entstand überhaupt erst ein Film. Denn das, "was wir vorher zusammengedreht haben mit Jason Robards, das war unter aller Sau. Das war ein Material, was nie einen Film gegeben hätte." Ein Hauptdarsteller verschwindet vom Dreh und - Schöpfungsakt der anderen Art - erschafft hinterrücks einen Film. Eine "Umbesetzung" anders herum.

Platz 1: "Das Kabinett des Doktor Parnassus" von Terry Gilliam (2009)

Nach dem Scheitern seines Films "The Man Who Killed Don Quixote" im Jahr 2000 - bedrückend erzählt im Dokumentarfilm "Lost in La Mancha" - schien für Terry Gilliam Schlimmeres kaum möglich. Zwei Monate nach Drehbeginn zum "Doktor Parnassus" starb aber Heath Ledger, der Darsteller der Hauptfigur Tony. Doch der Kinomagier Terry Gilliam schlug dem Schicksal ein dramaturgisches Schnippchen: Alle Szenen hinter dem Zauberspiegel, die mit Heath Ledger noch nicht abgedreht waren, wurden nun von Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell als Variationen der Hauptfigur Tony gespielt. So definierte Terry Gilliam den Begriff "Umbesetzung" - aber auch den der Endlichkeit - auf fantastische wie poetische Weise um.
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