Kinokolumne Top Five

Die fünf eindrücklichsten Filme über Rassismus

Filmszene mit Gregory Peck als der Südstaatenanwalt Atticus Finch in "Wer die Nachtigall stört"
In die Filmgeschichte ist Gregory Peck als der Südstaatenanwalt Atticus Finch in "Wer die Nachtigall stört" eingegangen. © imago/United Archives
Von Hartwig Tegeler · 20.11.2017
Diese Woche startet Kathryn Bigelows "Detroit" in den Kinos, ein Film über rassistische Polizeiübergriffe in den 60ern. Ein guter Anlass für eine Rückschau darauf, wie das Kino Rassismus thematisiert.

Platz 5 – "Wer die Nachtigall stört" von Robert Mulligan (1962)

Alabama, tief im Süden der USA, 1930er-Jahre: Tom Robinson, ein schwarzer Farmarbeiter, wird beschuldigt, eine junge weiße Frau vergewaltigt zu haben. Gregory Peck - er bekam für seine Rolle einen Oscar - spielt einen liberalen weißen Anwalt. Dieser "Niggerfreund", wie er beschimpft wird, kann Toms Unschuld beweisen, aber seine Verurteilung nicht verhindern. Die Verfilmung von Harper Lees mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Roman interessierte lange niemanden. Was nicht wundert, denn ein Happyend bietet diese komplexe Rassismus-Geschichte nicht.

Platz 4 - "Mississippi Burning" von Alan Parker (1988)

Ku-Klux-Klan-Mitglieder ermorden 1964 drei Bürgerrechtler. Das FBI in Gestalt von Willem Dafoe und Gene Hackman kämpft gegen diese brutalen Dumpfbacken - auch mit Mitteln jenseits der Legalität. Die jahrhundertelange Unterdrückung der Afroamerikaner in den ehemaligen Sklavenstaaten, die Brutalität der weißen "Herrenmenschen", wie sie sich empfinden, sie finden bei Alan Parker drastische Bilder, die auch nach drei Jahrzehnten nichts von ihrer Wirkung verloren haben. Und leider alles andere sind als historisch.

Platz 3 – "Hass" von Mathieu Kassovitz (1995)

Nicht nur in Mississippi, auch in den Pariser Banlieues sind der Struktur gewordene Rassismus sowie Polizeigewalt und -willkür Alltag. Drei junge Männer, der Araber Said, der Schwarze Hubert und der Jude Vinz auf einem nächtlichen, tödlichen Trip durch eine Welt, in der sie nichts zählen. Am Ende hält ein Polizist einem dieser "Jungen aus dem Viertel" eine Pistole an den Kopf und drückt ab, aus Versehen. Die fiebrige Energie von Vincent Cassel als Vinz wirkt wie eine Metapher auf rassistische und sozial desolate Verhältnisse, die explodieren müssen.

Platz 2 – "Angst essen Seele auf" von Rainer Werner Fassbinder (1974)

Die Schauspielerin Barbara Valentin in einer Filmszene mit El Hedi Ben Salem (Ali) in dem Film "Angst essen Seele auf" von 1974, Regie: Rainer Werner Fassbinder
© picture-alliance / dpa
Fast lakonisch seziert Fassbinder den deutschen Sumpf von Alltagsrassismus, in dem Emmi und Ali zu versinken drohen, und verbeugt sich vor Douglas Sirks wunderbarem Melodram "Was der Himmel erlaubt" von 1955. Am Ende wird Ali krank, ein Magengeschwür. Ein Arzt meint nur: Bekommen viele Gastarbeiter, der Stress, die schlechten Lebensbedingungen.

Platz 1 – "Nacht und Nebel" von Alain Resnais (1974)

Die letzte Konsequenz der perversen Logik des Rassismus ist die Vernichtung dessen, was man vorher als "minderwertig" ausgewiesen hat. Alain Resnais' 32 Minuten langer Film über den Holocaust wechselt zwischen den Aufnahmen, die Alliierten nach der Befreiung der KZs machten, und Eindrücken einer Reise nach Auschwitz, die der Filmemacher unternahm. Der Text in "Nacht und Nebel" stammt vom ehemaligen KZ-Häftling Jean Cayrol; die deutsche Fassung ist eine Nachdichtung von Paul Celan. Am Ende zeigt "Nacht und Nebel" die Ruinen von Auschwitz.