Kino jenseits der Massenware

Von Frank Fingerhuth · 30.06.2005
Dokumentarfilme erleben schon seit einigen Jahren eine erstaunliche Renaissance - auch in der Kulturszene. Aufsehen erregte erst vor kurzem der Film "Rhythm Is It" über ein Projekt der Berliner Philharmoniker. Jetzt kommt mit "Dvorak - Who?" das bemerkenswerte Porträt der Jungen Philharmonie Elbe-Weser in die Kinos. Gedreht hat den Film kein Geringerer als Jan Harlan, Stanley Kubricks langjähriger Produzent und Schwager.
Mit Antonin Dvoraks sinfonischen und virtuosen Cello-Konzert in h-Moll haben sich Andreas Mildner und die "Junge Philharmonie Elbe - Weser" etwas Großes vorgenommen - schließlich treffen sich die Musiker im Alter von 14 bis 25 Jahren nur einmal jährlich und dann auch nur für rund 14 Tage im historischen Städtchen Stade an der Unterelbe, um anspruchsvolle Werke einzustudieren und danach mehrere Konzerte zu geben.

Aus ganz Europa kommen die jungen Musiker zusammen und legen in der knappen Zeit eine bewundernswerte Energie, Konzentration und Ausdauer an den Tag, getragen von ihrem Dirigenten Andreas Mildner und dem großartigen Solisten Alexander Baillie, der das Orchester auf das gemeinschaftliche Werk einstimmt und den Wert des harmonischen Gesamtklangs betont, zu dem jeder einzelne beiträgt. Und auch das Vergnügen am Musizieren ist Baillie wichtig.

An Selbstbewusstsein mangelt es den jungen Musikern kaum. Sie wissen, welchen Weg sie gehen wollen. So erzählt ein Kontrabassist, der aussieht, als würde er in einer Heavy Metal Band spielen, von den gelegentlichen Auseinandersetzungen mit seinem Vater: Wenn der ihn auffordere, doch den Bass beiseite zu legen und endlich den Rasen zu mähen, dann entgegne er ihm, er müsse jetzt üben, er habe schließlich Unterricht morgen, und üben bedeute für ihn Arbeit.

Jan Harlans filmisches Porträt der jungen Musiker und die wunderbar rhythmisch geschnittene Dokumentation ihrer Arbeit bis hin zum umjubelten Konzert im ausverkauften Stadeum ist ein in jeder Hinsicht bewegender Film, weil er etwas entfacht, was das Kino im Zeitalter der Massenware nur noch selten zu bieten hat: Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit.