Kinesio-Tape

Was bringen die bunten Klebestreifen wirklich?

Auch der italienische Fußballer Mario Balotelli setzt auf Kinesio-Tapes.
Auch der italienische Fußballer Mario Balotelli setzt auf Kinesio-Tapes. © dpa / picture alliance
Von Elmar Krämer · 21.06.2015
Wenn sich Sportler das Trikot vom Leib reißen, sind auf ihren Körpern immer öfter bunte Streifen zu sehen. Viele Athleten und Therapeuten schwören auf den gesundheitlichen Nutzen der Kinesio-Tapes. Doch verlässliche Studien gibt es noch nicht.
Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen - das sind die Standardprobleme, mit denen Sportler immer wieder zu tun haben.
"Überwiegend sind es Verletzungen in den Gelenken. Bei den Sprung- und Ballsportarten sind es die Sprunggelenke. Im Basketball war auch das Sprunggelenk die absolute Verletzung Nr. 1, gefolgt von den Kniegelenken und der Schulter."
Josef Medler betreut als Physiotherapeut schon seit Jahrzehnten Sportler. Alles Probleme, bei denen auch das Kinesio-Tape zum Einsatz kommen kann. Tennisspieler tragen die Streifen an Unterarmen und Schultern, Radprofis bevorzugt am Schienbein. Andere nutzen es bei Rücken- oder Nackenschmerzen.
"Das Kinesio-Tape besteht aus einem Baumwollrücken, ist bestrichen mit einem Polyacrylkleber und hat eine Wellenform. Diese Wellenform finden sie wieder, wenn sie die Haut untersuchen. Das ist der Haut nachgebaut und hat auch, wenn sie es in die Hand nehmen, das spezifische Gewicht der Haut. Es wiegt eigentlich gar nichts."
Die Kinesio-Tapes sollen die Durchblutung verbessern
Und es ist in eine Richtung dehnbar. Je nach Einsatzbereich wird das Tape mit unterschiedlichem Zug auf die gedehnte oder auch entspannte Muskulatur geklebt.
"Die Wirkung beim Kinesio-Tape läuft sensorisch ab, kommt über die Hautsensoren. Das heißt: Über die Hautsensoren erziele ich eine Wirkung auf darunterliegende Organe."
Richtig angebracht, macht das Tape jede Bewegung mit und der Sportler spürt es fast gar nicht auf der Haut - über die das Tape ja wirken soll:
"Eine Hauptwirkung des Kinesio-Tapes ist eine verbesserte Mikrozirkulation, die auch über die Haut eingeleitet wird und eine bessere Durchblutung der Strukturen. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte im Körper aktiviert."
Der Ansatz ist damit ein völlig anderer als bei klassischen Tape-Verfahren, die zum Beispiel Kletterer und Volleyballer einsetzen. So tapen sich Kletterer beispielsweise die Finger, um die Ringbänder zu unterstützen. Bei schweren Zügen an der Kletterwand kann so unter Umständen eine Überlastung verhindert werden. Das traditionell verwendete Tape gibt nicht nach, anders als das in Mode gekommene Kinesio-Tape.
Der Nutzen des Kinesio-Tapes wird zwiespältig gesehen
"Wir haben verschiedene Techniken, die wir anlegen können mit dem Kinesio-Tape. Einmal ist das Muskel-Tape, wo wir eine Regulierung, also den Tonus senken oder auch mal den Tonus anheben wollen. Wir haben Faszien-Techniken, wo wir mehr auf die Faszien einwirken. Wir haben Ligament-Techniken, wo wir mehr auf den Bandapparat einwirken können. Je nach Verletzungssituation bietet uns diese Therapieform enorme Möglichkeiten."
Physiotherapeut Medler setzt bei vielen Sportverletzungen auch das Kinesio-Tape ein. Gute Erfahrungen hat die Bundesliga-Handballerin Bianca Trumpf von den Füchsen Berlin gemacht.
"Ich hatte eine Zeitlang im Sommer immer einen dicken Fuß. Durch die Verletzung ist der Fuß immer angeschwollen. Ich habe dann das Kinesio-Taping bekommen und das war echt so, dass innerhalb von ein, zwei Stunden die Schwellung nicht mehr da war."
Auch wenn viele Sportler und Therapeuten darauf schwören, der Nutzen des Kinesio-Tapes wird zwiespältig gesehen. Die einen sagen, es wäre der Placebo-Effekt, der da hilft. Die anderen setzen auf die stimulierende Wirkung der bunten Klebestreifen.
Wissenschaftliche Studien gibt es noch nicht. Trotzdem setzt sich das Kinesio-Tape im Leistungssport immer mehr durch. So werden einem in Zukunft vermutlich noch viel öfter die bunten Streifen im Fernsehen ins Auge springen.