Kinder-Betreuung am Filmset

Sonne, Sand und eine Therapeutin

Die Hauptdarsteller Justus Schlingensiepen, Neele Marie Nickel, Bordercollie Timmy, Valerie Eisenbart und Querin Oettl posieren am 25.01.2015 bei der Filmpremiere zu "Fünf Freunde 4" im Cinemaxx Kino in München vor dem Filmplakat.
"Fünf Freunde 4" ist Ende Januar in die Kinos gekommen - hier die vier Hauptdarsteller und der Bordercollie Timmy. © dpa/ picture alliance
Von Anna Wollner · 31.01.2015
Saskia Grabow betreut Jungschauspieler am Filmset. Sie ist für sie da, betreut sie, achtet darauf, dass sie ihre Pausen einhalten - und manchmal, da muss sie sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Es ist eine Situation wie aus einer anderen Welt. Mitten in der tunesischen Wüste, acht Autostunden von Tunis und eine von der Oasenstadt Tuzeur entfernt, zwischen zwei haushohen Dünen, ganz in der Nähe vom alten Star Wars Set, ist eine Filmkulisse aufgebaut. Vermummte bedrohen mit einer Pistole zwei Kinder, dahinter Berberzelte, in der Mitte ist ein altes Grabmal in den Boden gelassen. Um das Setting herum stehen Wohnwagen, Trailer, LKWs, über 100 Menschen tummeln sich im heißen Wüstensand, fast alle mit Turban und Sonnenbrille. Mittendrin die Kinderbetreuerin Saskia Grabow. Sie hat kaum eine ruhige Minute, guckt immer auf die Kinder und findet erst abends im Hotel Zeit zu erklären, was genau sie macht.
"In erster Linie ist es wirklich die Fürsorge für die Kinder am Set. Auch wenn es jetzt über so wunderbare Belange geht wie, haben sie genug zu trinken, genug zu essen. Sind sie gut versorgt vom Platz her, das sie Ruhephasen haben, zeitlich gesehen, einen Ruheort. Ich hol sie, wenn sie nach einem Take eine Pause haben, schnapp ich sie mir, dass sie sich gleich wieder irgendwo ausruhen können. Das bedeutet auch, dass man so ein bisschen den Setablauf mitbekommt, aber in erster Linie geht es um den Schutz und das Wohlergehen der Kinder."
Grabow ist immer die erste Ansprechpartnerin
Und das heißt bei 45 Grad ohne Schatten in erster Linie Trinken, Trinken, Trinken. An ihrem Gürtel hat Saskia Grabow eine weiße Plastiktüte, darin immer fünf Wasserflaschen für die Kinder. Sobald ein Take zu Ende ist und Regisseur Mike Marzuk Cut ruft, sorgt sie dafür, dass eine Handvoll Tunesier mit Regenschirmen herbeieilt und den Kindern Schatten spendet.
Sie ist die erste Ansprechpartnerin, wenn es um die Kinder geht. Sie kennt die Masken- und Kostümzeiten, weiß, welche Szenen gedreht werden, was es für Änderungen im Drehplan gibt und achtet penibel darauf, dass die Pausen eingehalten werden. Für die Kinder und das Jugendschutzgesetz ganz wichtig. Aber auch die Jungschauspieler selbst kommen immer erst zu ihr.
"Die sind da ganz fokussiert auf mich. Wenn sie irgendwo hingehen, sagen sie Bescheid. Ich muss immer diejenige sein, die Bescheid wissen muss, wo sie sind, weil ja auch ich von den anderen Gewerken quasi angesprochen werde. Die mögen das gerne, weil sie einfach nur wissen, okay, eine weiß immer Bescheid und ich muss mich nicht zerfleddern überall und Informationen holen, die sind halt bei mir gebündelt."
Was einfach klingt, ist eine kleine logistische Meisterleistung. Fünf Teenager im Alter von 13 bis 16 Jahren zusammenzuhalten, mittendrin in den Irrungen und Wirrungen der Pubertät, an einem hermetisch abgeriegelten Filmset.
"Ja, das ist schon ein Balanceakt. Immer wieder. Das merkt man auch, wenn ich einen Fokus habe auf ein Kind, weil das ganz besonders bedürftig ist zum Beispiel, weil es schlecht geschlafen hat oder keine Ahnung, sich gestritten hat mit der Mutter, die dann am Abend betreut oder irgendwas, ganz egal, und dann so ein bisschen mehr Schutz oder Fürsorge braucht, dann kommen die anderen, rücken dann schon ein bisschen näher und dann muss man halt für alle gleichzeitig da sein. Das lernt man mit der Zeit."
Die Therapeutin ist kein Elternersatz
Saskia Grabow hat ein Gespür für die Kinder, kennt Valeria, Neele, Justus und Querin, die Fünf-Freunde-Darsteller, schon von den ersten Teilen, kennt die Marotten, Vorlieben und Bedürfnisse der Einzelnen.
"Also, die sind zum Teil, man hockt da einfach nur und quatscht, dann spielt man auch mal ein paar Spiele oder manchmal ist es auch ein iPad, wo man dann, was weiß ich, 'Wer wird Millionär' spielt oder so was. Oder dann essen sie oder sie flitzen mal aufs Klo oder irgendwie so. Man kommt gar nicht wahnsinnig viel dazu, Pausenclown zu spielen, aber klar, aber da zu gucken, ist auch alles gut oder muss was aufgefangen werden. Beschäftigungstherapeutin oder wie auch immer man es nennen mag."
Aber dennoch, die Trennung ist ihr wichtig, sie sei kein Elternersatz. Die warten abends auf die Kinder im Hotel und fangen viel auf.
"Die wissen, sie können sich hinkuscheln oder können sich auch mal mit mir fetzen, aber da die Eltern immer dabei sind, ist die Rolle ganz klar. Ich glaube, es ist eher wie eine Lehrerin, die man gerne mag, oder eine Ferienbetreuung, die man mag. Das ist keine Konkurrenz, eher im guten Gespräch zu den Eltern und mir."
Zufällig ans Set gekommen
Die Rollen sind klar verteilt, am Tag und nach Drehschluss. Für die studierte Psychologin ist die Zeit am Set eine willkommen Abwechslung zu ihrer eigentlichen Arbeit als Therapeutin mit eigener Praxis für Psychotherapie. Der Weg zum Film – wie so oft, reiner Zufall:
"Ich bin eigentlich über Freunde dazugekommen. Ich bin mit den Produzenten befreundet und dann haben die gesagt, wir machen einen Kinderfilm und ich konnte schon immer gut mit Kindern, und ich war aber auch, mir hat es immer Spaß gemacht mit Kindern zu sein und auch betreut viel. Dann hat mich das interessiert und gut gefallen, weil es ist auch so, es ist jetzt kein ganzes Jahr durch, es ist so projektbezogen, das fand ich nett, und zusätzlich hab ich parallel auch schon zu meinen Anfängen beim Film eine Ausbildung zur Therapeutin gemacht, auch für Kinder und Jugendliche und das matched schon ganz gut, dass kann man manchmal ganz gut anwenden."
Nur manchmal, da muss sie nicht nur Wasserflaschen hinterhertragen, auf Pausenzeiten achten und kleine Streitereien schlichten, manchmal, da muss die heranwachsenden Kinder auch zurück auf den Boden der Tatsachen holen.
"Aus nem Kind wird nicht unbedingt ein erwachsener Charakterdarsteller oder sonst irgendwas. Das ist auch so, das gehört auch ein bisschen zu meiner Arbeit zu sagen, nehmt es jetzt, es ist was tolles, man weiß nie, ob es weitergeht. Das ist gar nicht so einfach, so einen großen Traum verwirklichen zu lassen. Das geht von Jahr zu Jahr, von Casting zu Casting dann weiter."