"Kid-Thing"

Von Anke Leweke · 21.08.2013
Regisseur David Zellner erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Die zehnjährige Annie lebt am Rande einer texanischen Stadt. Sie hat keine Freunde, stiehlt, demoliert und rebelliert. Erst ein mysteriöser Hilfeschrei in der Wildnis reißt das Mädchen aus ihrer verstörenden Existenz.
Annie ist zehn Jahre alt und lebt irgendwo im tiefsten Texas bei ihrem Vater, einem Crashcar-Fahrer und Ziegenfarmer. Die beiden tauschen kaum ein Wort miteinander aus, von einem Familienrückhalt will man erst gar nicht sprechen. Seit Tagen fällt die Schule aus. Annie langweilt sich, Freunde scheint das stets etwas mürrisch wirkende Mädchen keine zu haben. So streift sie allein durch einen trostlosen Landstrich und hinterlässt dabei eine Schneise der Zerstörung. Morsche Baumstämme müssen ebenso daran glauben wie dicke weiße Maden. Später läuft sie mit einer Farbpistole durch die Gegend und schießt auf alles, was sich bewegt oder auch nicht bewegt, wie eine tote Kuh.

Eines Tages entdeckt sie ein Loch, aus dem eine Frauenstimme um Hilfe ruft. Annie ist verunsichert, fühlt sich jedoch magisch zu diesem Ort hingezogen, kehrt mit Walkie-Talkies und Proviant zurück. In diesen Momenten scheint die Umgebung verhext, mysteriös.

Plötzlich hat Annie in ihrem sonst verstummten Umfeld eine Ansprechpartnerin gefunden. Eine seltsame Freundschaft entsteht. Es mag sein, dass diese Stimme nicht real ist, dass Annies Einbildungskraft hier am Werk ist. "Kid-Ting" hat etwas von einem bitterbösen Märchen, das ist in bester American Independent Manier die desolate Stimmung in der US-amerikanischen Provinz einfängt.

Gut möglich, dass das Loch auch ein Symbol für Annies schon früh verletzte Seele ist. Ein trauriger Abgrund, eine unendliche Leere. Vielleicht wird sich ihr Leben in ein solches schwarzes Loch verwandeln, aber vielleicht wird Annie sich auch dieser Leere stellen.

"Kid-Thing"
USA 2012; Regie: David Zellner; Darsteller: Sydney Aguirre, Nathan Zellner, David Wingo; 86 Minuten