Keine Zusammenlegung von Kultur- und Wissenschaftsbehörde?

Von Verena Herb · 19.08.2010
Der Musiker Rocko Schamoni will nach Neumünster ziehen – wenn tatsächlich das Amt des Kultursenators abgeschafft wird. Der Leiter des Literaturhauses, Rainer Moritz meint, eine solche Personalentscheidung sei ein Armutszeugnis für die Stadt – und so regen sich zahlreiche Kulturschaffende in Hamburg und beharren auf den Erhalt einer eigenständigen Kulturbehörde.
Auf einer Zeitungsseite des "Hamburger Abendblatts" fordern sie deshalb in großen Lettern: Einen Senator für die Kultur. Ekkehard Nümann, Vorsitzender des Vorstandes der Freunde der Hamburger Kunsthalle:

"Kultur ist ein eigenes Ressort. Und Kultur gerade in der Hansestadt braucht wirklich eine ganz starke Kraft, man kann das nicht in die Senatskanzlei angliedern, man kann es auch nicht der Wissenschaftsbehörde zuschlagen, das geht gar nicht. Weil das ein ganz eigenständiger Bereich ist, und auch mit einer großen Strahlkraft für die Stadt."

Dieser Meinung sind viele in Hamburg und bekommen Unterstützung vom Deutschen Kulturrat. Dessen Geschäftsführer Olaf Zimmermann sagte, es könne nicht sein, dass nach dem Rücktrittsdebakel in Hamburg die Kultur zur Leidtragenden wird. Die Proteste seien mehr als verständlich.

Im Zuge der Senatsneubildung, die nach dem Rücktritt Ole von Beusts notwendig wird, überlegte man, ob eine Zusammenlegung der Wissenschafts- und der Kulturbehörde eine Möglichkeit wäre - oder dass die Behörde der Senatskanzlei angegliedert wird. Im Zuge des Sparzwangs, mit dem die Stadt zukünftig zu kämpfen hat, keine überraschenden Ideen. Doch sie führen zu großen Protesten.

Seit wenigen Stunden rumort es in der Stadt: Eine Zusammenlegung beider Ressorts ist vom Tisch, heißt es. Anlass zu der Annahme gibt Christoph Ahlhaus selbst. Nach seinem dreistündigen Besuch beim Mitgliederabend der Grünen Alternativen Liste gestern Abend erklärte er hinterher:

"Ob und wie das Kulturressort besetzt wird, ist eine wichtige Fragestellung für die Stadt. Und es ist – das habe ich heute hier mitgenommen, ein dringendes Anliegen der GAL. So habe ich das jedenfalls vonseiten der GAL-Basis verstanden - dass auf jeden Fall wieder eine Besetzung des Amts des Kultursenators/der Kultursenatorin erfolgt. Meine Aufgabe wird es sein, in den kommenden 48 Stunden für diese Frage eine für die Stadt gute Lösung zu entwickeln."

Doch eine offizielle Bestätigung gibt es nicht. Weder Senatssprecherin Kristin Breuer noch die Kulturbehörde noch irgendjemand sonst möchte sich äußern. Man wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen, hört man aller Orten.

Schon seit einiger Zeit wird Hans-Heinrich Große-Brockhoff als möglicher Kandidat für den Kultursenatoren-Posten gehandelt. Viele Künstler in der Stadt halten den ehemaligen Kulturstaatssekretär von Nordrhein-Westfalen für einen hervorragenden Kandidaten. Der 60-Jährige sei ein "Macher", heißt es – konservativ, hochgebildet und sensibel. Und er selbst scheint nicht abgeneigt.

Ekkehard Nümann vom Freundeskreis der Kunsthalle meint, der neue Kultursenator müsse

"über einige Kenntnis und auch über Standing verfügen, und auch über eine Hausmacht. Und auch über eine starke Überzeugungskraft."

All diese Attribute werden Große-Brockhoff nachgesagt – ob er morgen tatsächlich als neuer Kultursenator vorgestellt wird, bleibt abzuwarten.

Auch Nicolas Hill, bislang Staatsrat in der Kulturbehörde, könnte ein möglicher Nachfolger für Frau von Welck sein. Der 37-jährige Verwaltungsfachmann gilt als politisches Talent. Hinzu kommt, durch seine Arbeit in der Behörde ist er sich den Sparzwängen der Stadt bewusst und er weiß, unter welchen Rahmenbedingungen Hamburger Kulturpolitik zurzeit möglich ist:

Jeder neue Kultursenator muss aufpassen, beim Fortgang des Baus der Elbphilharmonie keinen Schiffbruch zu erleiden, die großen Museumsstiftungen stecken in einer strukturellen Defizit-Krise und das Vertrauensverhältnis zwischen großen Teilen der Kulturszene und der Behörde ... All das erfordert enormes persönliches Geschick.

Und nicht zu vergessen: Die Stelle ist auf eineinhalb Jahre beschränkt. 2012 stehen Bürgerschaftswahlen an, dann werden die Karten ohnehin neu gemischt.

Doch für die restlichen Monate gilt es, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Definitiv wird man es wohl erst morgen Abend wissen, nachdem Christoph Ahlhaus, der CDU-Fraktion sein Personaltableau vorgelegt hat.


Weitere Informationen:

Kultursenator(in) gesucht: Wer will noch mal, wer hat noch nicht? (Hamburger Abendblatt)
Senatskarussell in Hamburg - Will Ahlhaus den Kultursenator einsparen? (Hamburger Abendblatt)