Kein Wurm auf dem Mars

Rezensiert von Susanne Mack · 31.07.2006
Die Erde ist nicht Mittelpunkt des Universums, es gibt noch zahllose Galaxien und unzählige Planeten. Vielleicht existieren ja im All noch anderswo belebte Welten? Um diese Frage dreht sich das Buch von Dagmar Röhrlich. Die Geologin und Wissenschaftsjournalistin berichtet in "Anybody out there? - Die Suche nach neuen Welten" über die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft.
Wenn man den Titel des Buches hört, möchte man sofort wissen, wie es mit dem intelligenten Leben in All aussieht. Doch falls man unter intelligentem Leben so etwas wie E.T. oder Aliens à la Hollywood versteht, besteht wenig Aussicht.

Theoretisch ist so ein Szenario natürlich möglich: Irgendwo in der Weite des Universums kreist ein erdähnlicher Planet um eine Sonne und da gibt’s Leben ähnlich wie bei uns.

Aber trotz heißen Bemühungen der Astronomen in aller Welt, bis dato gibt es nicht den geringsten Hinweis. Dass ein solcher Planet, falls er denn überhaupt existiert, sich auch noch in unserer Reichweite befindet, sodass wir mit seinen Bewohnern Kontakt aufnehmen können, diese Chance geht gegen Null. Zumindest aus heutiger Sicht. Das ist das klare Fazit dieses Buches

Je mehr die Wissenschaft herausbekommt über die Entstehung des Lebens auf der Erde, desto klarer wird: Diese Entwicklung ist ein kleines Wunder. Da mussten viele Bedingungen zusammenkommen, bevor die ersten Mikroben auf der Erde aufgetaucht sind. Und dass dann über drei Milliarden Jahre später eine solche Hochintelligenz wie der Mensch diesen Planeten bevölkert, das verdanken wir, naturwissenschaftlich betrachtet, einer unendlichen und seltsamen Verkettung von Zufällen. Und dass sich diese Verkettung von Zufällen irgendwo im Universum noch mal in derselben Weise ereignet und das auch noch irgendwo in unserer Nähe, das wäre dann ein großes Wunder.

Erstmal gab es Wasser auf der Erde. Dazu Kohlendioxid um die Erde herum und eine Sonne. Dann sind aus toter Materie irgendwann lebende Einzeller entstanden. Und dann gab es eine bestimmte Sorte Einzeller, die Cyano - Bakterien, die haben sich plötzlich zu Stämmen zusammengetan und die Photosynthese erfunden.

Und nur weil es die Photosynthese gibt, gibt es Leben nicht nur im Wasser, sondern auf dem Land, denn dazu braucht es eben Luft-Sauerstoff.

In unserem Sonnensystem gibt es diese Bedingungen nirgendwo sonst. Unter den neun Planeten unseres Sonnensystems haben vier keine feste Oberfläche. Auf den anderen ist es entweder zu heiß (Venus, Merkur) oder zu kalt (Pluto).

Dort, wo es vielleicht hätte klappen können, die Temperatur stimmt ungefähr, eine feste Oberfläche gibt es auch, auf dem Mars, da gibt es kein Wasser. Deshalb keine Pflanzen und darum nur ganz wenig Sauerstoff. "Ein schlichter irdischer Wurm", schreibt Dagmar Röhrlich: "stellt viel zu hohe Anforderungen an seine Umwelt, als dass er mit einem so trostlosen Steinhaufen wie dem Mars zufrieden wäre."

Auch in unserer Milchstraße sieht insgesamt schlecht aus für den Wurm. Erstens müsste ein belebter Planet am Rande dieser Milchstraße liegen. Denn im Zentrum ist die kosmische Strahlung so stark, dass Leben nicht stattfinden kann. Aber nur zehn Prozent der Planeten liegen an besagtem Rand der Milchstraße. Davon hat wiederum nur die Hälfte eine Sonne und einen Mond.

Ein Stern aber, wo Leben nach unseren Maßstäben stattfinden soll, der braucht eine Sonne. Und auch einen Mond, denn der muss die Achse des Planeten stabil halten. Ohne die Gravitation des Mondes würde unsere Erde wie betrunken um die Sonne trudeln. Das hält der stärkste Elefant nicht aus.

Das Buch hat auf jeden Fall eine Menge Nachrichten und auch Geschichten, die einen staunen machen. Das Buch ist nicht am Schreibtisch ausgedacht. Dagmar Röhrlich hat einige Forschungsreisen unternommen, dorthin, wo Wissenschaftler gerade der Geschichte des Leben auf der Spur sind. Nach Westaustralien zu Beispiel. Dort kann man in einem Salzsee die letzten Cyano-Bakterien besichtigen.

Oder nach Zentralafrika, wo gerade die Reste des Homo rudolfensis ausgegraben werden, dem ältesten Vorfahren des Homo sapiens: eben entdeckt und 2,5 Millionen Jahre alt.

In dem Buch gibt es wunderbare Reisebeschreibungen, immer gewürzt mit den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaftler, denen Dagmar Röhrlich bei der Arbeit über die Schulter gesehen hat.

Da merkt man beim Lesen nicht, wie die Zeit vergeht. Das ist Naturwissenschaft auf dem neuesten Stand, einfach und spannend erzählt für den interessierten Laien. Das Buch hat eine heitere Leichtigkeit, obwohl es randvoll ist mit Fakten und Zahlen.

Es eignet sich für Leser ungefähr ab 14 Jahren, nach oben hin offen. Das kann Opa mit seinem Enkel lesen, und beide werden gleichermaßen Freude haben.

Dagmar Röhrlich: Anybody out there? - Die Suche nach neuen Welten
List–Verlag 2006.
246 Seiten. 19,95 Euro