Kein grünes Licht für "Ausländer-Maut"

Von Annette Riedel · 31.10.2013
Die Idee kommt von der CSU: Deutsche Autofahrer könnten bei der Einführung eines Mautsystems durch die Absenkung der Kfz-Steuer entlastet werden. Ob eine solche Regelung mit dem Europarecht vereinbar ist, muss am konkreten Gesetzesvorhaben geprüft werden, hieß es aus Brüssel.
Sind mit der Stellungnahme von EU-Verkehrskommissar Kallas gegenüber dem EU-Parlament die europarechtlichen Bedenken ausgeräumt, die manche gegen die Pläne der CSU für eine PKW-Maut in Deutschland angeführt haben?

"Es gibt kein grünes Licht für irgendwelche Pläne irgendeines künftigen Maut-Sytems in Deutschland. Wir haben bisher keine konkreten Pläne gesehen und deshalb können wir auch nicht sagen, ob die mit Europarecht vereinbar sind."

Das stellte am Mittag eine Sprecherin der EU-Kommission klar. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Michael Cramer, hatte Anfang Oktober in einem Schreiben an die EU-Kommission diese gebeten, Stellung zu nehmen, unter welchen Umständen Maut-System europarechtlich bedenkenlos sind.

"So, wie die PKW-Maut angelegt war – also eine Vignette für alle, egal ob man einmal im Jahr im Urlaub die deutsche Autobahn benutzt oder das ganze Jahr fährt – das hat Kallas gesagt, das geht nicht."

In sieben Ländern der EU gibt es ein Gebührensystem für Privatfahrzeuge: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Rumänien, die Slowakei und Slowenien; drei weitere Länder – Belgien, die Niederlande und Dänemark – erwägen die Einführung.

Die existierenden Maut-Systeme haben gemeinsam, dass sie in den jeweiligen Ländern für alle Autofahrer erhoben werden und dass sie die Anforderungen nach der Euro-Vignetten-Richtlinie erfüllen. Zu deren Kernpunkt gehört, dass es neben Vignetten mit jährlicher Gültigkeitsdauer mindestens auch welche für einen Monat und eine Woche gibt und dass die Kurzzeitvignetten nicht auf einen extrem viel höheren Tagessatz im Vergleich zu den Jahresvignetten hinauslaufen. Und eben, dass alle Pkw-Vignetten brauchen – egal, ob aus dem In- oder Ausland.

"Nur eine Pkw-Maut für Ausländer, gerade dass das von einer deutschen Regierung kommt – das wäre fatal."
Überlegungen, zwar die Vignette für alle einzuführen, aber die deutschen Autofahrer über den Umweg der Kfz-Steuer zu entlasten, sind von EU-Recht nicht gedeckt, meint Michael Cramer. Zwar ist die Festsetzung von Steuersätzen grundsätzlich Angelegenheit der Nationalstaaten und Brüssel hat da nicht mitzureden, wie Kallas in seiner Antwort auf die Anfrage der Grünen betont. Es heißt in seinem Schreiben: "Grundsätzlich stellt eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer, bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar". Grundsätzlich.

"Jedes EU-Land kann Kfz-Gebühren erheben. Wenn diese aber mit dem Maut-System verbunden werden, dann muss unbedingt das Prinzip der Nicht-Diskriminierung von Ausländern beachtet werden. Es darf nicht so sein, dass man eine Vignette umsonst bekommt, weil man Kfz-Steuern zahlt."

"Die Kommission hat bestätigt, dass es möglich wäre, eine Maut einzuführen und gleichzeitig die deutschen Autofahrer von den Mautkosten zu befreien oder eine Entlastung durchzuführen."

Schließt der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber aus den Einlassungen der EU-Kommission bezüglich der europarechtlichen Vereinbarkeit der in Berlin diskutierten Pläne für die Kfz-Maut.

"Wir wissen, dass das europarechtskompatibel sein muss. Jetzt muss etwa sicher gestellt werden, dass jemand, der nur einmal durch Deutschland fährt, nicht eine Jahresvignette kaufen muss. Und es gibt natürlich die Möglichkeit, im Rahmen einer Kfz-Steuerreform, entsprechende Umsteuerungen vorzunehmen - und das ist europarechtskompatibel auszugestalten."

Und die konkreten Pläne, falls Berlin tatsächlich eine Pkw-Maut einführen will, brauchen dann wirklich grünes Licht aus Brüssel.