"Katharsis" von Luz

"Beeindruckendes Dokument der Unbeugsamkeit"

Der Cartoonist Luz war Zeichner beim französischen Satiremagazin "Charlie Hebdo"; Aufnahme vom November 2011 vor dem Redaktionssitz in Paris
Der Cartoonist Luz, ehemals Zeichner bei "Charlie Hebdo": "Wirre, furchterregende Schimären" © ALEXANDER KLEIN / AFP
Von Dirk Fuhrig · 24.09.2015
Der französische Zeichner Luz hat das Attentat auf die "Charlie Hebdo"-Redaktion nur durch Zufall überlebt. Sein Trauma bekämpft er mit dem Zeichenstift. Entstanden ist ein Buch, das vom Schmerz zurück zur Ironie findet.
Er hatte großes Glück. Weil er in seinen Geburtstag hinein gefeiert hatte und deswegen am Morgen verschlief, machte sich der Zeichner Luz am 7. Januar zu spät in Richtung Redaktion von "Charlie Hebdo" auf. Als er in der Rue Nicolas-Appert ankam, hatten die Attentäter bereits elf seiner Kollegen und Unbeteiligte erschossen.
Renald Luzier – der sich den Künstlernamen "Luz" gegeben hat - verarbeitet die traumatischen Erlebnisse dieses Tages in einem Band mit Zeichnungen. Durch "Katharsis" geistern die Ängste, die der blutige Anschlag in die Seele des 1972 in Tours an der Loire geborenen Karikaturisten gepflanzt hat.
Luz hatte den Schock zunächst durch Weitermachen bekämpft; das Titelbild der ersten Ausgabe nach dem Attentat ("Alles ist vergeben") stammte aus seiner Feder. Vier Monate später verließ er jedoch das Magazin – ohne seine toten Kollegen erschien ihm die Arbeit sinnlos.
Mit "Katharsis" treibt Luz den Teufel aus
Der Band "Katharsis" ist eine Art Teufelsaustreibung. Luz schildert darin die Depression, die ihn erfasst hat, die finsteren Träume, die ihn seit dem Attentat verfolgen. Er zeichnet die Leibwächter, die ihm selbst in intimsten Momenten nicht von der Seite rücken.
Mitunter wirken seine Zeichnungen wie wirre, furchterregende Schimären. Luz findet aber auch den Humor des Karikaturisten wieder, etwa wenn er dem dicken Kloß, der ihm den Magen, die Stimme und vor allem die Hand mit dem Stift lähmt, den niedlichen Frauennamen "Ginette" verleiht - und ihn damit auf ironische Weise neutralisiert.
Und er wird auch ganz privat, wenn er die Liebe seiner Partnerin skizziert, die ihn durch das Grauen der Post-Attentats-Zeit begleitet hat. "Katharsis" ist ein brillant gezeichnetes, beeindruckendes Dokument der Unbeugsamkeit dieses herausragenden Karikaturisten.

Luz: "Katharsis"
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015
128 Seiten, 18,99 Euro

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