Karsten Krampitz: Essayband über Klagenfurt

Ein Buch, das Unruhe stiften soll

Der Berliner Schriftsteller Karsten Krampitz.
Der Berliner Schriftsteller Karsten Krampitz. © imago stock&people
Karsten Krampitz im Gespräch mit Florian Felix Weyh · 07.07.2018
Der Berliner Schriftsteller Karsten Krampitz lebte fünf Monate als Stadtschreiber in Klagenfurt. Nun bringt er einen Band mit kritischen Essays heraus - mit denen er seiner Geliebten huldigen will und zugleich Unruhe stiften.
2009 gewann Karsten Krampitz den Publikumspreis beim Bachmann-Wettbewerb. Fünf Monate wohnte er anschließend als Stadtschreiber im "Europahaus" im österreichischen Klagenfurt. Ein eindrückliches Erlebnis, das ihn bis heute mit der Stadt in Kärnten verbindet – nicht zuletzt, weil er als Historiker einen Blick in die Stasi-Akte von Jörg Haider werfen konnte.
Aus der Ferne gilt die Stadt immer noch als Hochburg der politischen Rechten, doch zehn Jahre nach Haiders Tod haben sich nicht nur die politischen Mehrheiten geändert, sondern auch die Stimmung. Kärnten erweise sich nun als Avantgarde: "Diese schwarz-blaue Phase, die Österreich jetzt zu erleiden hat, die hat Kärnten zuerst durchlitten." Und gezeigt, dass sie sich überwinden lasse: "So fühlen sich da einige, die sagen: Wir gehen voran, und es wird alles nicht so lange dauern."

Witze auf Kosten der Schwachen

Dennoch machte Karsten Krampitz erst kürzlich mit einem Text Furore. Er beschreibt darin einen rassistischen Sketch bei der Faschingsgesellschaft "Die Stadtrichter zu Clagenfurth". Bis zu den ORF-Nachrichten schaffte es Krampitz' empörte Anklage. Als Literat kann man also immer noch anecken, denn es gibt vieles, was öffentlich nicht thematisiert wird. Nicht umsonst heißt es im Vorwort: "Dieses Buch will Unruhe stiften in der Alzheimat Kärnten."

Es gibt ein Fußballstadion aber keine städtische Bibliothek

Dass in Klagenfurt - noch unter Jörg Haider - für über 100 Millionen Euro ein nutzloses Fußballstadion gebaut worden sei, obwohl "zwei Dinge werden in Klagenfurt nie eine Perspektive haben, Fußball und Kommunismus", findet Karsten Krampitz dagegen weniger tragisch als der Büchnerpreisträger Josef Winkler. Dieser hatte im Frühjahr 2018 bei einer Rede zum 500-jährigen Stadtjubiläum Klagenfurts zum wiederholten Male den Umstand gegeißelt, dass man ein teures, leeres Fußballstadium besäße, aber keine städtische Bibliothek.
"Das ist so sein Tourette-Syndrom", urteilt Krampitz, denn natürlich gäbe es genügend Bibliotheken, nur eben keine städtische. Besser wäre es gewesen, wenn Winkler auf das fremdenfeindliche Klima in der Stadt hingewiesen hätte.

Karsten Krampitz (Hg.): "Drei Wege zum See oder Eine andere Stadt"
Drava Verlag Klagenfurt
280 Seiten, 14,95 Euro.

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