Karl der Große

    Tyrann, Gigant und Lebemann

    27.01.2014
    Dass man selbst 1200 Jahre nach seinem Tod noch Neues über Karl den Großen herausfinden kann, mag verblüffen. Dass Karls Macht mit seinem Schwimmtalent zu tun hat, unser Kalender sein Machwerk ist und es an seinem Hof erstaunlich freizügig zu ging, sind dabei nur einige Details.
    Zu Karl dem Großen passt wohl kaum ein anderes Wort so gut wie "weitreichend". Weitreichend war nicht nur das Reich, das der erste Kaiser des Mittelalters um sich herum schuf – unter ihm stieg das Frankenreich zur neuen Großmacht neben Byzanz auf und formierte sich zum bedeutendsten staatlichen Gebilde seit Rom.
    Ziemlich weitreichend für damalige Verhältnisse war auch die Freizügigkeit, mit der sich Karl an seinem Hof umgab. Dass der lebemännische König Nebenfrauen und Mätressen hatte, seine Töchter Affären eingingen und einer seiner Söhne offen homosexuelle Verbindungen pflegte - nicht nur das weiß Christian Berndt in seinem Kalenderblatt.
    "Gewalt ist an der Tagesordnung, weil sie erwartet wird – kriegerische Gewalt. Karl der Große hat sie mitunter extrem ausgeführt", erklärt der Historiker Johannes Fried im Deutschlandradio Kultur. Weitreichend also auch Karls Unerbittlichkeit und Machtwille gegenüber seinen politischen Gegnern, etwa den Sachsen und den aufständischen Thüringern.
    Karl der Kulturrevolutionär
    Von unübertroffener Reichweite sind Fried zufolge aber die kulturellen Reformen, die Karl von seinem Hofstaat in Aachen aus anschob. Sowohl unser Kalender als auch unsere Schrift gehen auf Karls Bemühungen um Vereinheitlichung zurück. Karl war nicht nur eine Gründungsfigur Europas, sondern damit sogar ein Vorbote der heutigen Globalisierung – diese These führt Fried auch in seiner Biographie "Karl der Große – Gewalt und Glaube" aus.
    Weitreichend war Karl aber auch im wortwörtlichen Sinne: Mit einem Körpermaß von ungefähr 1,84 war er seinerzeit ein Gigant. Dass dieses Detail nicht nur für einen Wortwitz herhalten kann, sondern tatsächlich von historischer Bedeutung ist, zeigt Horst Bredekamp in seinem Buch "Der schwimmende Souverän". Karl bewies besondere Geschicklichkeit und außerordentliches Können in der Beherrschung des Wassers. Seine Schwimmkünste sind für den Historiker Ausdruck einer "körperbezogenen Ikonologie". Damit haben übrigens Karl der Große und auch Mao Tse Tung etwas gemeinsam: Auch der zeigte sich schwimmend und unterstrich so seinen Machtanspruch.
    Weitreichenden Einblick in die Kultur des Frankenreichs unter Karl dem Großen hatte noch ein anderer: Einhard war über drei Jahrzehnte einer der engsten Berater des Kaisers. Wer seine Biografie ließt, begleitet ihn bis ins damalige Herz der Macht. Hören Sie dazu Irene Binals Rezension zu  "Ich und Karl der Große" von Steffen Petzold.