Kapitalmarktexperte will mehr Verantwortung für Aufsichtsräte
Der Kapitalmarktexperte Christian Strenger sieht Aufsichtsräte bei der Manager-Vergütung stärker als bisher in der Pflicht. Der Aufsichtsrat sei für die Angemessenheit der Vergütung zuständig und dafür auch haftbar, sagte Strenger, der Aufsichtsrat der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS und Mitglied der Regierungskommission Corporate Governance ist.
Birgit Kolkmann: Die goldenen Fallschirme waren Nicolas Sarkozy schon immer ein Dorn im Auge, dicke Abfindungen für erfolglose und geschasste Manager. Die fallen weich, während die Arbeitnehmer das Nachsehen und die Unternehmen den Schaden haben. Jetzt hat Frankreichs Präsident die internationale Finanzkrise (ebenfalls managergemacht) zum Anlass genommen, die Frage der Moral in der Wirtschaft zu thematisieren.
Bei seinem Besuch zur UN-Generaldebatte in New York forderte er eine Bestrafung der Verantwortlichen und bei seiner wirtschaftspolitischen Grundsatzrede gestern Abend in Toulon brachte er auch die Abfindungen wieder ins Gespräch. Wir sind mit Christian Strenger verbunden. Er sitzt im Aufsichtsrat der DWS, einem der größten Aktienfonds-Verwalter der Welt, und außerdem ist er Mitglied im Corporate Governance Codex. Schönen guten Morgen!
Christian Strenger: Guten Morgen.
Kolkmann: Herr Strenger, was halten Sie von dieser Initiative, die auf alle G8-Staaten ausgeweitet werden soll?
Strenger: Wenn sie denn stattfindet, ist sie sicher sehr nützlich. Es gibt sie allerdings zum Beispiel auch schon in Deutschland. Wir müssen es nur klarer fassen. Wir haben jetzt schon im Aktiengesetz eine Verpflichtung, dass die Vergütungen der Manager angemessen sein sollen, und das müssen wir vielleicht noch etwas schärfer fassen.
Kolkmann: Hat denn die Finanzkrise auch gezeigt, wie unfähig viele Manager handeln und trotzdem noch mit dem Fallschirm abspringen können?
Strenger: Ja, in der Vergangenheit. Aber ich glaube, dass das jetzt klar ist, dass das nicht mehr geht. Und das große Rettungspaket in den USA hängt ja auch wohl davon ab, dass die Begrenzung dort stattfindet, beziehungsweise, dass eben erfolglose Manager gar nichts mehr bekommen.
Kolkmann: Nun haben sich ja Deutsche immer versucht, an den Manager-Gehältern in den USA zu orientieren, und sie natürlich nie erreicht. Nun geht es darum: Was macht man in Deutschland? Eine Arbeitsgruppe der Großen Koalition hat sich ja jetzt schon auf Grundpositionen verständigt. Ab heute trifft man sich wieder, um darüber zu sprechen. Müssen eigentlich die Eigentümer, also die Aktionäre mehr zu sagen haben, was die Gehälter angeht?
Strenger: Ja. Das könnte man dadurch einfangen, dass man eine zusätzliche Abstimmung macht, die den Aktionären die Gelegenheit gibt, die Angemessenheit der Bezahlungen entsprechend auch zu billigen. Ob man den Aktionären ein Detailrecht einräumen soll, da wäre ich skeptisch, weil das sollte der gesamte Aufsichtsrat machen. Der ist hier gefragt, und der wird auch noch deutlicher eingebettet. Ich glaube, das wird das Ergebnis der Behandlungen auch in der Koalition sein.
Kolkmann: Aber ich habe Sie richtig verstanden. Das sollte der Aufsichtsrat als Ganzes tun und nicht nur einzelne Mitglieder in einem kleinen Ausschuss?
Strenger: Genau. Das haben wir schon in der neuesten Ausgabe des Corporate Governance Codex im Juli beschlossen, dass dort eine klare Empfehlung ist, dass der gesamte Aufsichtsrat die wesentlichen Elemente der Vergütung festlegen soll.
Kolkmann: Nun geht es ja auch darum, ob die Unternehmen diese Gehälter steuerlich absetzen können. Das geht bislang, glaube ich, sehr gut. Wäre es besser, da eine Grenze einzuziehen, nur bis zu einer Million Euro?
Strenger: Das wäre sicher populistisch vorstellbar, würde uns aber nur weitere Probleme bringen. Wer soll bis zu einer Million bekommen? Sie bekommen dann erst mal einen Effekt, dass alles nach oben getrieben wird bis zu der Million. Und die, die auch im internationalen Maßstab das verdienen (und das Wort ist „verdienen"), dass sie es wirklich erwirtschaftet haben, die würden sagen, dafür lohnt es nicht mehr recht und ihre Blicke dann ins Ausland lenken. Ich glaube, damit kommen wir nicht hin – das ist holzschnittartig –, sondern es muss ganz klar gemacht werden, dass der Aufsichtsrat für die Angemessenheit der Vergütungen zuständig ist, und er ist dafür auch haftbar. Auch das wird, glaube ich, deutlicher werden, dass ein Aufsichtsrat nicht nur freundlich sich zusammensetzt und sagt, man könnte, sondern er legt fest und dafür muss er auch einstehen.
Kolkmann: Wenn Unternehmen durch mehr Transparenz und auch Offenlegung dieser Bezüge dazu gebracht werden sollen, sich wieder auszurichten an einem langfristigen guten Wirtschaften, also nicht nur zum Wohl des Börsenkurses, was glauben Sie, ist der beste Weg? Muss man das über Gesetze regeln, also im Aktiengesetz festschreiben oder wie ist Ihre Erfahrung mit den freiwilligen Verpflichtungen?
Strenger: Wir haben, glaube ich, gute Erfahrungen, dass wir im Aktiengesetz eine generelle Vorgabe haben – die gibt es, Angemessenheit –, und dass wir dann auf den Codex verweisen. Der gibt die sogenannte „best practice“ wieder, das, was man nun tun sollte. Damit kann man, glaube ich, auch sehr schön Detailvorgaben, die sich ja auch im Laufe der Zeit verändern, anpassen.
Kolkmann: Würden Sie sagen, dass Deutschland in all diesen Dingen schon ein Vorreiter geworden ist?
Strenger: Wir sind zumindest vorzeigbar.
Kolkmann: Inzwischen!
Strenger: Wir sind auch angemessen. Ich glaube, die Vergangenheit hat das bewiesen. Einzelne Fälle gibt es immer. Aber wenn man so den Weg verfolgt, den wir genommen haben, der zeigt doch ein hohes Maß an Vernunft, und die muss auch weiter regieren.
Kolkmann: Die Manager-Gehälter wieder in der Diskussion. Das war Christian Strenger vom Aufsichtsrat der DWS, einem der größten Aktienfonds-Verwalter der Welt, außerdem Mitglied im Corporate Governance Codex. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Strenger: Gerne.
Bei seinem Besuch zur UN-Generaldebatte in New York forderte er eine Bestrafung der Verantwortlichen und bei seiner wirtschaftspolitischen Grundsatzrede gestern Abend in Toulon brachte er auch die Abfindungen wieder ins Gespräch. Wir sind mit Christian Strenger verbunden. Er sitzt im Aufsichtsrat der DWS, einem der größten Aktienfonds-Verwalter der Welt, und außerdem ist er Mitglied im Corporate Governance Codex. Schönen guten Morgen!
Christian Strenger: Guten Morgen.
Kolkmann: Herr Strenger, was halten Sie von dieser Initiative, die auf alle G8-Staaten ausgeweitet werden soll?
Strenger: Wenn sie denn stattfindet, ist sie sicher sehr nützlich. Es gibt sie allerdings zum Beispiel auch schon in Deutschland. Wir müssen es nur klarer fassen. Wir haben jetzt schon im Aktiengesetz eine Verpflichtung, dass die Vergütungen der Manager angemessen sein sollen, und das müssen wir vielleicht noch etwas schärfer fassen.
Kolkmann: Hat denn die Finanzkrise auch gezeigt, wie unfähig viele Manager handeln und trotzdem noch mit dem Fallschirm abspringen können?
Strenger: Ja, in der Vergangenheit. Aber ich glaube, dass das jetzt klar ist, dass das nicht mehr geht. Und das große Rettungspaket in den USA hängt ja auch wohl davon ab, dass die Begrenzung dort stattfindet, beziehungsweise, dass eben erfolglose Manager gar nichts mehr bekommen.
Kolkmann: Nun haben sich ja Deutsche immer versucht, an den Manager-Gehältern in den USA zu orientieren, und sie natürlich nie erreicht. Nun geht es darum: Was macht man in Deutschland? Eine Arbeitsgruppe der Großen Koalition hat sich ja jetzt schon auf Grundpositionen verständigt. Ab heute trifft man sich wieder, um darüber zu sprechen. Müssen eigentlich die Eigentümer, also die Aktionäre mehr zu sagen haben, was die Gehälter angeht?
Strenger: Ja. Das könnte man dadurch einfangen, dass man eine zusätzliche Abstimmung macht, die den Aktionären die Gelegenheit gibt, die Angemessenheit der Bezahlungen entsprechend auch zu billigen. Ob man den Aktionären ein Detailrecht einräumen soll, da wäre ich skeptisch, weil das sollte der gesamte Aufsichtsrat machen. Der ist hier gefragt, und der wird auch noch deutlicher eingebettet. Ich glaube, das wird das Ergebnis der Behandlungen auch in der Koalition sein.
Kolkmann: Aber ich habe Sie richtig verstanden. Das sollte der Aufsichtsrat als Ganzes tun und nicht nur einzelne Mitglieder in einem kleinen Ausschuss?
Strenger: Genau. Das haben wir schon in der neuesten Ausgabe des Corporate Governance Codex im Juli beschlossen, dass dort eine klare Empfehlung ist, dass der gesamte Aufsichtsrat die wesentlichen Elemente der Vergütung festlegen soll.
Kolkmann: Nun geht es ja auch darum, ob die Unternehmen diese Gehälter steuerlich absetzen können. Das geht bislang, glaube ich, sehr gut. Wäre es besser, da eine Grenze einzuziehen, nur bis zu einer Million Euro?
Strenger: Das wäre sicher populistisch vorstellbar, würde uns aber nur weitere Probleme bringen. Wer soll bis zu einer Million bekommen? Sie bekommen dann erst mal einen Effekt, dass alles nach oben getrieben wird bis zu der Million. Und die, die auch im internationalen Maßstab das verdienen (und das Wort ist „verdienen"), dass sie es wirklich erwirtschaftet haben, die würden sagen, dafür lohnt es nicht mehr recht und ihre Blicke dann ins Ausland lenken. Ich glaube, damit kommen wir nicht hin – das ist holzschnittartig –, sondern es muss ganz klar gemacht werden, dass der Aufsichtsrat für die Angemessenheit der Vergütungen zuständig ist, und er ist dafür auch haftbar. Auch das wird, glaube ich, deutlicher werden, dass ein Aufsichtsrat nicht nur freundlich sich zusammensetzt und sagt, man könnte, sondern er legt fest und dafür muss er auch einstehen.
Kolkmann: Wenn Unternehmen durch mehr Transparenz und auch Offenlegung dieser Bezüge dazu gebracht werden sollen, sich wieder auszurichten an einem langfristigen guten Wirtschaften, also nicht nur zum Wohl des Börsenkurses, was glauben Sie, ist der beste Weg? Muss man das über Gesetze regeln, also im Aktiengesetz festschreiben oder wie ist Ihre Erfahrung mit den freiwilligen Verpflichtungen?
Strenger: Wir haben, glaube ich, gute Erfahrungen, dass wir im Aktiengesetz eine generelle Vorgabe haben – die gibt es, Angemessenheit –, und dass wir dann auf den Codex verweisen. Der gibt die sogenannte „best practice“ wieder, das, was man nun tun sollte. Damit kann man, glaube ich, auch sehr schön Detailvorgaben, die sich ja auch im Laufe der Zeit verändern, anpassen.
Kolkmann: Würden Sie sagen, dass Deutschland in all diesen Dingen schon ein Vorreiter geworden ist?
Strenger: Wir sind zumindest vorzeigbar.
Kolkmann: Inzwischen!
Strenger: Wir sind auch angemessen. Ich glaube, die Vergangenheit hat das bewiesen. Einzelne Fälle gibt es immer. Aber wenn man so den Weg verfolgt, den wir genommen haben, der zeigt doch ein hohes Maß an Vernunft, und die muss auch weiter regieren.
Kolkmann: Die Manager-Gehälter wieder in der Diskussion. Das war Christian Strenger vom Aufsichtsrat der DWS, einem der größten Aktienfonds-Verwalter der Welt, außerdem Mitglied im Corporate Governance Codex. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Strenger: Gerne.