Kampf gegen Steuerflucht

Schäubles Vorschläge gehen nicht weit genug

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 23.03.2016 in Berlin in der Bundespressekonferenz.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. © dpa / picture alliance / Kay Nietfeld
Von Theo Geers · 11.04.2016
Es sei auffallend, dass Kritik am Zehn-Punkte-Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble vor allem von Steuerfahndern und Kripobeamten komme, kommentiert Theo Geers. Ihnen gingen die Vorschläge im Kampf gegen Steueroasen nicht weit genug. Für die Inhaber von Briefkastenfirmen müsse das Risiko höher werden, jederzeit bloßgestellt zu werden.
Eine knappe Woche hat Wolfgang Schäuble gebraucht, um mit seinem Zehn-Punkte-Plan auf die verstörenden Panama-Enthüllungen zu reagieren. Härte will der Finanzminister zeigen gegenüber Steuerbetrügern und Geldwäschern, ihren Helfershelfern in Banken und Rechtsanwaltskanzleien. Schäuble will und muss das Momentum nutzen, das diese Papiere ausgelöst haben. Das Thema hat einen Lauf, und zwar weltweit. Fast jedes Land ist irgendwie betroffen: Entweder, weil seine Steuerbürger ihm die lange Nase zeigen oder weil es den asozialen Besitzern von Briefkastenfirmen eine Adresse gibt.
Das ist Schäubles Chance auch mit Blick auf das kommende Wochenende, wenn er auf der IWF-Frühjahrstagung in Washington seine zehn Punkte zur Diskussion stellen will. Es geht ums Farbe bekennen, denn viele Fragen drängen sich seit Langem auf. Warum etwa ist auch die Regierung in London immer gern dabei, wenn es um publikumswirksame Initiativen gegen Steuerverkürzung und anderes geht, und gleichzeitig geht die Zahl der Briefkastenfirmen in britischen Überseegebieten immer noch in die Hundertausende. Wieso legen die USA anderen Staaten gerne die Daumenschrauben an, wenn diese im Verdacht stehen, US-Bürgern bei unlauteren Deals Unterschlupf zu bieten, aber umgekehrt tut sich nichts etwa bei den beliebten Briefkastenfirmen im US-Bundestaat Delaware.

Briefkastenfirmen haben immer ein "Geschmäckle"

Fragen über Fragen, die zeigen: Ein Selbstläufer ist das Thema auch wieder nicht. Das liegt auch an Schäuble selbst. Es fällt schon auf, dass vor allem Praktiker seine zehn Punkte kritisieren. Steuerfahnder und Kripobeamte, die jeden Tag gegen Wirtschaftskriminelle ermitteln - ihnen allen gehen Schäubles Vorschläge nicht weit genug. Warum nur hört der Finanzminister so wenig auf diese Stimmen? Er würde doch politisch nur gewinnen, wenn er wirksame Maßnahmen auf den Weg brächte, die eben auch diese Praktiker als sinnvoll erachten, weil sie dann bei ihren Ermittlungen eben nicht mehr länger von einer Wand des Schweigens abprallen.
Beispiel Firmenregister. Schäuble will diese international vernetzen, reingucken dürfen in die Register sollen aber nur Behörden und - ja, das auch -Brifk Fachjournalisten und spezialisierte Nichtregierungsorganisationen. Aber öffentlich ist so ein Register damit eben noch nicht. Dabei zeigt sich doch exemplarisch seit einer Woche, wie wirksam Öffentlichkeit ist, wer alles bis hinauf zum britischen Premierminister in Erklärungsnöte gerät, weil eben solche Briefkastenfirmen immer ein "Geschmäckle" haben - und meistens sogar mehr als das. Das einzige, was wirklich hilft, ist, das Risiko für die Inhaber von Briefkastenfirmen zu erhöhen, jederzeit in ihrem Drang nach Heimlichtuerei bloßgestellt werden zu können. Wolfgang Schäuble könnten daher seinen zehn Punkten ruhig noch einen elften oder zwölften hinzufügen.
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