Streichquartett des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin:
Ania Bara, Violine
Juliane Färber, Violine
Alejandro Regueira Caumel, Viola
Peter Albrecht, Violoncello
Zu Viert durch die Epochen
Moderation: Volker Michael · 09.12.2020
Vier Musiker des Rundfunk-Sinfonieorchesters spielen Quartette verschiedener Epochen: Zielpunkt war Alfred Schnittkes 3. Streichquartett. Auf dem Weg dorthin gab es Werke von di Lasso, Schostakowitsch und Beethoven - allesamt Komponisten, die Schnittke zitiert.
Dieses eine - gut zwanzig Minuten dauernde - Streichquartett beinhaltet ein ganzes Konzertprogramm durch die Epochen - allein dadurch, dass sein Komponist Alfred Schnittke darin die halbe Musikgeschichte Revue passieren lässt: In seinem dritten Streichquartett zitiert der deutsch-russische Künstler Wendungen aus dem "Stabat mater" des Renaissancekomponisten Orlando di Lasso, aus Beethovens 16. Quartett und Dmitrij Schostakowitschs Initialen "D-Es-C-H". Aus diesem Gedanken heraus entwickelten sie das Quartett-Programm durch die Jahrhunderte
Bach ist auch immer dabei
Letztere kommen zur Genüge in Schnittkes 8. Streichquartett vor. Nicht zuletzt endet das Werk mit den Tönen "A-C-B-H", was unschwer als Anspielung auf die vier musikalischen Buchstaben des Thomaskantors Johann Sebastian Bachs gelesen und gehört werden kann.
Vier Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin haben spontan ihr für den Dezember geplantes Kammerkonzert aus dem Berliner "Silent Green" in die Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem verlegt, in das Konzertstudio von Deutschlandfunk Kultur.
Das Programm haben sie beibehalten. In der Sendung erzählen sie, wie dieses Programm entstanden ist und wie es sich anfühlt, derart viele existentielle Bekenntnisstücke innerhalb eines Abends zu spielen.
Requiem für sich selbst
Auf zwei vierstimmige Passagen aus Orlando di Lassos "Stabat Mater" folgt ohne Pause das 8. Streichquartett von Dmitrij Schostakowitsch, das reich gespickt ist mit der Tonfigur "D-Es-C-H" - in deutscher (!) Umschrift sind dieses die Initialen des russischen Komponisten.
Musikalisch schreibt Schostakowitsch seinen eigenen Nachruf, aus einer tiefen Depression heraus. Es ist beileibe nicht sein letztes Werk, aber eines seiner düstersten.
Düsternis und tiefe Existenznot greifen sowohl Ludwig van Beethoven wie auch Alfred Schnittke in ihren Werken auf, die in diesem Programm folgen. Die Große Fuge B-Dur op. 133 ist ein utopisches, manchmal auch dystopisches Stück. Auch nach 200 Jahren seiner Existenz entzieht es sich dem hörenden Verständnis durch seine Komplexität - ganz mit Absicht, meinen die Musikerinnen und Musiker. Beethoven habe keinen Wert darauf gelegt, verstanden zu werden.
Schönheit fratzenhaft maskiert
Das dritte Streichquartett Alfred Schnittkes wiederum geht kreativ und erstaunlich fassbar mit der musikalischen Tradition um, obwohl es - für ein Werk mit dem Entstehungsjahr 1983 nicht verwunderlich - voller Klangfarben steckt, die das Schöne und Erkennbare schnell mit einer fraztenartigen Maske überdecken.
Aufzeichnung des Konzertes vom 3. Dezember 2020 in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem
Orlando di Lasso
Stabat Mater - bearbeitet für Streichquartett
Stabat Mater - bearbeitet für Streichquartett
Dmitrij Schostakowitsch
Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110
Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110
Ludwig van Beethoven
Große Fuge für Streichquartett B-Dur op. 133
Große Fuge für Streichquartett B-Dur op. 133
Alfred Schnittke
Streichquartett Nr. 3
Streichquartett Nr. 3