KaMA Quartett - "A Love Supreme"

Vertonung spiritueller Gedanken

Das KaMaQuartett mit Speical Guest und Percussionist Nippy Noya (l).
Das KaMa Quartet mit Special Guest und Percussionist Nippy Noya (l). © Christoph Giese
Von Olaf Maikopf · 05.09.2016
Das neue Album des KaMa Quartets ist eine Hommage an John Coltranes Suite "A Love Supreme", die er vor 50 Jahren veröffentlichte. KaMa steht einerseits für die Saxofonistin Katharina Maschmeyer, aber auch für das spirituelle Konzept des Hinduismus - Karma.
Um Kreativität entfalten zu können, braucht es nicht nur Einfallsreichtum, sondern ganz sicher auch Inspiration. Wenn dann aber versucht wird, lediglich seinen Vorbildern zu folgen, ergibt so eine Kopie kaum Sinn. Darum lässt sich das KaMa Quartet, die Band der Saxofonistin Katharina Maschmeyer, zwar inspirieren, auf dem neuen Album "A Love Supreme/ Universal Tone" von der in den 1960er-Jahren entstandenen spirituellen Musik von John Coltrane und Pharoah Sanders. Doch ihre eigene Freiheit finden sie dann in deren Neuinterpretation und schöpferischen Erweiterung. Ganz sicher ist das ein selbstbewusstes Anliegen, die kongeniale und so bewegende Suite "A Love Supreme" in andere Sphären, andere Klangwelten abseits des ursprünglichen Sounds zu übertragen.
Katharina Maschmeyer: "Es ist ja deutlich, dass unser Album mehr in die Jazz Rock Richtung geht und nicht an die Hard Bop Zeit von John Coltrane erinnert. Das liegt sicherlich auch an unserer Besetzung und natürlich auch an dem Einfluss, den das Mahavishnu Orchestra auf Nils hat. Dennoch ist es der Einfluss von John Coltranes 'A Love Supreme' und der Grundgedanke seiner Musik, der uns dazu bewogen hat, unser Album aufzunehmen. Es war niemals Absicht, die Suite möglichst originalgetreu nachzuspielen und die gleiche Instrumentierung wie auf diesem legendären Album zu nutzen. Mit unserem Album wollen uns eher bei John Coltrane für seine Musik bedanken, denn sein 'A Love Supreme' hat für uns eine sehr starke Bedeutung und letztlich auch einen interessanten Einfluss auf die musikalische Entwicklung unseres Quartetts."

Das Ego loslassen und Energie frei fließen lassen

Die Nähe zum ersten Album des Mahavishu Orchestra, aber mehr noch dem Duoalbum von Carlos Santana und John McLaughlin aus den frühen 1970er Jahren, ist bei der Neufassung von Coltranes Love Supreme Suite, bewusst so gewollt. Zwar hat das KaMa Quartet eine ähnlich kraftvolle Dynamik, letztlich wirkt das Album dann aber doch nicht so nachhaltig und immanent wie die zwei genannten legendären Aufnahmen.
Maschmeyer: "Es ist die Idee der 'Inner Mounting Flame', die uns sehr wichtig ist. Carlos Santana hat in seiner Biographie beschrieben, wie er die 'Love Supreme' von John Coltrane empfindet und uns damit ziemlich aus der Seele gesprochen. Für ihn bedeutet diese Musik, das Ego loszulassen und die Energie frei fließen zu lassen, was wir beim Spielen dieser Suite selber auch ganz stark empfunden haben. Carlos Santana nennt diesen Gedanken für sich 'Universal Tone' und John McLaughlin nennt diesen Gedanken 'Inner Mounting Flame'."
Nils Pollheide: "Bei unserem Album 'A Love Supreme / Universal Tone' geht es uns um Musik aus dem Moment heraus, ohne Kalkül, einfach um der Musik selbst Willen. Unser Arrangement fanden wir durch den spontanen Jam, indem wir es einfach haben geschehen lassen, dem 'Universal Tone' seinen Raum gelassen haben und ihm nicht durch zu viel Plan und Verkopftheit im Wege standen."

Wie aus einer anderen Welt

John Coltranes Suite "A Love Supreme" wie auch das Album "Love, Devotion & Surrender" von Santana und McLaughlin resultierte aus deren intensiver Beschäftigung mit östlichen Religionen, Meditation und einer daraus erhofften geistigen Erleuchtung. Ihre Musik drückte Kraft aus, war aber so neu und schien darum für die Hörer wie aus einer anderen Welt.
Pollheide: "Bei beiden Platten habe ich ein Gefühl der Reinigung oder Heilung wenn ich sie höre."
Maschmeyer: "Nils und ich hatten irgendwann eine Phase, in der wir dieses Album sehr viel gehört haben und besonders an Tagen, an denen wir Kraft brauchten, hat uns diese Musik extrem gut getan."
Pollheide: "Inzwischen hoffe ich, begriffen zu haben, dass es nicht um die theoretisch richtigen Töne zu einem Akkord geht, sondern in erster Linie um das Kreieren einer Stimmung, eines Gefühls, einer Assoziation, schlichtweg um Energie. Und das kann Carlos Santana hervorragend. Mit dem Begriff 'Universal Tone' meint er nach meiner Auffassung genau dieses Freisetzen von positiver, die Menschen verbindender Energie mit Hilfe von Musik. Und genau das ist für mich persönlich auch die Essenz von Coltranes 'A Love Supreme'."

Post-Fusion-Album mit harmonischer Offenheit

Das KaMa Quartet spielt auf dem Album nicht nur alle vier Stücke von Coltranes "A Love Supreme" Suite, sondern ergänzt diese um Pharoah Sanders Jazz-Mantra "The Creator Has A Masterplan" aus dem Jahr 1969. Denn dem Tenorsaxofonisten und ehemaligen Mitglied der Coltrane-Band ging es in seiner Musik ebenfalls um die Vertonung spiritueller Gedanken. Das Stück, mit seiner gleichbleibenden Basslinie hat dieselbe harmonische Offenheit wie Coltranes "Acknowledgement" und ist so der perfekte Übergang von der Suite zu den anschließend folgenden zwei Eigenkompositionen des KaMa Quartet.
Mit ihrem ausgeklügelt changierenden Post-Fusion-Album Katharina Maschmeyer mit ihrem feinnervig wie ungemein spielfreudig agierenden KaMa Quartet sehr eindrucksvoll eine Brücke aus Coltranes Zeit ins Heute und positioniert ihre Band als ein starkes Kollektiv im deutschen Jazz.
Mehr zum Thema