Kalifornien – wirtschaftlicher Niedergang und finanzieller Notstand

Von Jan Tussing · 17.02.2011
Die Finanzlage Kaliforniens ist desolat. Gouverneur Arnold Schwarzenegger hinterließ ein Milliarden-Dollar-Loch im Haushalt, musste selbst noch radikal den Rotstift ansetzen. Sein Nachfolger, Jerry Brown, muss dieses Erbe bewältigen. Und er muss versuchen, der Wirtschaft wieder auf die Sprünge zu helfen, die sich im einst so glanzvollen Kalifornien in einer Abwärtsspirale befindet.
Kellie Johnson glaubt noch an den legendären kalifornischen Traum. Ihr Unternehmen, Ace Clear Waterhouse wurde von ihrem Großvater gegründet.

Dieser kam nach dem Koreakrieg nach Kalifornien, machte eine staatlich finanzierte Schweißerausbildung und gründete ein Luftfahrtunternehmen. Er holte seine Familie von Oklahoma nach Kalifornien, wegen des Wetters, der Infrastruktur, und dem Schulsystem.

In Kalifornien waren damals die Straßen mit Gold gepflastert. Kein Bundesstaat wuchs so schnell - der kalifornische Traum war Wirklichkeit. Heute dagegen verzweifeln Unternehmer wie Kellie Johnson an dem mit 25 Milliarden Dollar hochverschuldeten Bundesstaat.

"Die Luftfahrtindustrie ist in den letzten 20 Jahren um 69 Prozent geschrumpft. Kalifornien war früher das Zentrum der amerikanischen Luftfahrtindustrie. Heute gibt es nicht mal mehr ein Unternehmen, das hier ansässig ist. Ich glaube heute sind wir dabei, den kalifornischen Traum zu verlieren."

Mit 12.4 Prozent hat Kalifornien fast doppelt so viele Arbeitslose wie der Rest der USA. Und dennoch findet Kellie Johnson nicht genügend gut ausgebildete Arbeiter.

"Ich brauche qualifizierte Arbeiter. Das klingt vielleicht widersprüchlich. Wenn ich mir die Arbeitslosenquote anschaue, die liegt bei fast 13 Prozent, und dennoch finde ich nicht die Qualifikationen, die ich brauche. Unser Bildungssystem versagt nicht nur bei den Unternehmen, es enttäuscht auch unsere jungen Menschen und Studenten."

Kalifornien ist mit 25 Milliarden Dollar verschuldet. Heute hat der Bundesstaat die schlechtesten öffentlichen Schulen, verzeichnet die höchste Analphabetenquote unter Erwachsenen, und 20 Prozent aller Jugendlichen leben in absoluter Armut. Bereits Arnold Schwarzenegger musste Schuldscheine ausstellen, weil er seine Beamten nicht mehr bezahlen konnte. Und sein Nachfolger Jerry Brown hat nun noch größere Einschnitte angekündigt.

12.5 Milliarden Dollar will er sofort einsparen -und das Land umstrukturieren. Das werde sehr schmerzhaft. Für alle Bereiche des Landes. Aber in der Vergangenheit wurde eher getrickst und Gelder zwischen lokaler und regionaler Regierung hin- und her verschoben. Nun muss Kalifornien wieder steuerlich Spielraum bekommen.

Aber bereits jetzt leiden Krankenhäuser, Schulen, Universitäten und Kindergärten. Und weitere scharfe Einschnitte stehen auch für Medi-Cal bevor, dem Gesundheitsprogramm für Arme, Behinderte und Aidskranke. Jerry Brown spart, wo er kann. So müssen Staatsdiener eine zehnprozentige Gehaltskürzung hinnehmen und ihre bezahlten Handys zurückgeben, Feuerwehren müssen mit weniger Personal auskommen. Kalifornien schrammt jedes Jahr am absoluten Bankrott vorbei.

In den letzten neun Jahren ist Kaliforniens Industrie um ein Drittel geschrumpft, sagt Unternehmerin Kellie Johnson. Das sind 600.000 Jobs, die verloren gegangen sind. Gleichzeitig sind die Ausgaben von 2000 bis 2007 die Regierungsprogramme um 50 Prozent gestiegen.

Unternehmen wandern inzwischen aus Kalifornien ab. Die Steuerbelastung ist nämlich höher als beispielsweise in Texas oder Arizona. Und die Schuld wird den Politikern gegeben. Die Menschen sind zudem nicht mehr bereit höhere Steuern zu zahlen. Wenn die Wirtschaft nicht bald wieder wächst und Gelder in die Staatskassen spült, prophezeihen Experten dem einstigen Golden State eine düstere Zukunft.