Kabarettist Florian Schroeder

"Geil, dass ihr mir zuhört"

Porträtfoto des Comedian und Kabarettisten Florian Schroeder, zu Gast in der WDR Talkshow "Kölner Treff" am 24.05.2013 in Köln.
Der Comedian und Kabarettist Florian Schroeder zu Gast in der WDR Talkshow "Kölner Treff" am 24.05.2013 in Köln. © dpa / picture alliance / Horst Galuschka
Von Maicke Mackerodt · 21.03.2015
Dieter Bohlen, Jogi Löw, Angela Merkel: Prominenten-Imitationen sind das Markenzeichen von Florian Schroeder. Der 35-Jährige gilt als preisgekrönte Galionsfigur unter den jungen deutschen Kabarettisten. Doch er kennt auch das Scheitern. Aktuell ist der Berliner auf Deutschlandtournee.
Gertenschlank und hochkonzentriert steht Florian Schroeder im Bonner Pantheon auf der Bühne: Eine Hand in der Hosentasche seine Jeans, dazu ein tailliertes schwarzes Jackett, darunter ein weißes Hemd mit offenem Kragen. Der lässige Look passt zum intelligenten Humor des Entertainers. Er wirkt smart, aber das täuscht. Er ist einer der Scharfkantigsten seiner Zunft. Wenn der Kabarettist mit dem kaum sichtbaren Dreitagebart über Politiker und Facebook lästert oder die Lebensthemen seiner eigenen Generation präzise analysiert, ist er kaum zu bremsen. Der 35 Jahre alte Wahl-Berliner philosophiert sprachbegabt und klug über scheinbar Alltägliches und hat gleichzeitig ein gutes Gespür für Selbstironie:
Programm-Ausschnitt: "Als Kohl kam, war ich drei Jahre alt. Als er ging, war ich 19. Bitte versucht, die Hypothek zu verstehen, mit der ich ins Leben gestartet bin. Kohl war unsterblich für mich. Irgendwann musst' ich mit 14 im Ethikunterricht Aristoteles lesen, der geschrieben hatte: 'Gott ist der unbewegte Beweger'. Ich dachte, der hat Kohl gemeint."
Der gebürtige Baden-Württemberger trat mit 14 Jahren zum ersten Mal in Harald Schmidts Fernsehsendung "Schmidteinander" auf und machte dort Prominente nach. Damals hatte er zwölf Kilo Übergewicht und galt als Klassenclown. Das Parodieren ist sein Markenzeichen geworden. Ob Heinz Erhardt, Herbert Grönemeyer, Jogi Löw, Angela Merkel oder sogar Bundespräsident Gauck - er hat mittlerweile ein breites Repertoire.
"… also Kohl oder Norbert Blüm oder Udo Lindenberg - alles was ich damals gemacht habe, kann ich natürlich noch, mache ich aber nicht mehr. Es brauchte ein paar Jahre, bis ich feststellte, dass gerade die Kunstform der Parodie sehr schnell in der Gefahr ist, sehr hohl zu werden, nämlich wenn man sie nicht mit Inhalten füllt. Und dann habe ich tatsächlich angefangen, mich für diese politischen Zusammenhänge zu interessieren. Wahrscheinlich weil mich das innerlich anging, weil mich das innerlich mehr interessiert hat."
Permanenter Zwang, optimale Entscheidungen zu treffen
Nach dem Abitur startete Florian Schroeder zunächst eine Radiokarriere beim SWR. Er studierte in Freiburg Germanistik und Philosophie und begann gleichzeitig, nebenher mit Kollegen aufzutreten. 2004 ging der Schnellsprecher "Auf Ochsentour", wie er sein erstes eigenes Kabarettprogramm genannt hat. Damals noch mit blondgefärbten kurzen Haaren. Drei Jahre später folgte das zweite Solo mit dem Titel "Du willst's doch auch!". Er war Mitte 20, als er auf 3Sat den Live-Kabarett-Talk "Seitensprung" präsentierte, eines der ungewöhnlichsten Spaßformate im Fernsehen. Vor vier Jahren veröffentlichte der mehrfach preisgekrönte Senkrechtstarter sein erstes Buch: Mit "Offen und nicht ganz dicht" ging er bundesweit auf Tournee.
Programm-Ausschnitt: "Wissen Sie, ich bin gar nicht tolerant, gar nicht, überhaupt nicht, es gibt auch keine Toleranz. Toleranz ist Blödsinn, das ist nur eine Karnevalsmaske, die ich mir übergezogen habe, weil die so lustig ist und so nett, weil man so gut durchs Leben kommt, wenn man immer sagt, dass man tolerant ist. Hier bin ich tolerant, bin tolerant, aber wissen sie, was Toleranz ist: Wurstigkeit. Ich bin so tolerant, weil mir alles egal ist, weil mir alles scheißegal ist, deshalb bin ich tolerant."
Seine Solo-Programme sind eine Mischung aus intelligentem Gaga-Nonsens, politischem Kabarett und bissiger Parodie. Seit vorigem Jahr moderiert Florian Schroeder im SWR-Fernsehen die Comedyshow "Spätschicht" und er veröffentlichte sein zweites Buch: Unter dem Titel "Hätte, hätte Fahrradkette" beschäftigt er sich mit dem täglichen Zwang, permanent optimale Entscheidungen treffen zu müssen: Welches Shampoo, welchen Job, welchen Traumpartner. .
"Experimentieren finde ich tatsächlich sehr gut, das alte Naturprinzip Versuch und Irrtum, was wir so ein bisschen vergessen haben, ist tatsächlich das, was einen am Weitesten bringt."
Lehrmeister früher Erfolg
Sein neuestes Experiment ist AfD-Chef Bernd Lucke.
"Das ist eine klassische Figur, wo ich sage, da lerne ich vom Original. (Im Lucke-Duktus) Rein mimisch 'ist es dieses permanente Lächeln, dieses gemeine Lächeln, dieses Lächeln, dass aber kein ehrliches ist; deutlich machen, dass man ausreden möchte und schon auf der richtigen Seite steht und gar nicht so ist, wie immer alle sagen, dass man' ist. Und dann kam diese hohe Kopfstimme dazu: 'Wir sind ein tolerantes Land. Wir sind allen gegenüber tolerant, die so sind wie wir. Wir mögen auch Ausländer, solange sie keine sind. Solange sind wir dafür. Deswegen sind wir natürlich dagegen, weil natürlich der Ausländer das Grauen' ist, aber das würden wir so nicht sagen. So macht der das immer."
Florian Schroeder ist gut im Geschäft. Dass er vor zwei Jahren in der ARD mit dem Versuch gescheitert ist, die Tagesthemen unter dem Titel "Das Ernste" bissig zu parodieren, nimmt er gelassen. Der frühe Erfolg hat ihn gelehrt, mit dem Scheitern umzugehen und wenn es mal nicht so gut läuft, Selbstzweifel auszuhalten.
"Letztlich hatte ich diese Phasen immer wieder. Mittlerweile muss ich sagen, bin ich eigentlich sehr glücklich und immer wieder auch glücklich überrascht, wie viele Leute bei mir im Publikum sitzen, die deutlich älter sind als ich, 50, 60, 70, wo ich demütig werde und denke: Leute, geil dass ihr mir zuhört"
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