Julian Nida-Rümelin zum Weltbevölkerungstag

"Entspannt Euch!"

Sehr viele Menschen drängen sich am Strand in der Bucht bei Qingdao (China).
Andrang am Strand von Qingdao in China: Das Wachstum der Weltbevölkerung werde in den nächsten Jahrzehnten abflachen, sagt Nida-Rümelin. © Imaginechina Zhou kun qd, dpa
Julian Nida-Rümelin im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 11.07.2018
Mehr als sieben Milliarden Menschen leben auf der Erde - und täglich werden es mehr. Viele sehen darin ein Problem. Für manche Regionen sicher begründeterweise, sagt Philosoph Julian Nida-Rümelin, rät aber grundsätzlich zu Gelassenheit.
Der erste Weltbevölkerungstag wurde 1987 begangen, als die Zahl der Menschen auf der Erde nach UN-Statistiken die Grenze von fünf Milliarden überschritten hatte. Inzwischen sind es mehr als sieben Milliarden - und die Zahl steigt weiter. Ist dieser Entwicklung noch Herr zu werden? Werden deshalb gar Menschen verhungern?
Der Philosoph Julian Nida-Rümelin
Im Gespräch: der Philosoph Julian Nida-Rümelin© dpa / picture alliance / Matthias Balk
So schlimm wird es wohl nicht, entwarnt der Philosoph Julian Nida-Rümelin. Sicher sei das Wachstum der Bevölkerung in vielen Regionen ein Problem. Als Beispiel nannte Nida-Rümelin Indien, dessen Bevölkerung etwa der Afrikas entspreche. Dennoch rät er zur Entspannung: "Wir haben seit dem 19. Jahrhundert die These, dass das Bevölkerungswachstum sehr viel stärker ist als das Wachstum an Nahrungsmittelproduktion. (... ) Die hat sich als schlicht falsch herausgestellt." Auch andere derartige Prognosen hätten sich als haltlos erwiesen.

Bevölkerungswachstum wird abflachen

Es gebe bei weitem genug Nahrungsmittel weltweit, so Nida-Rümelin weiter. Gleichzeitig zeichne sich für die nächsten Jahrzehnte eine deutliche Abflachung des Bevölkerungsanstiegs ab. Berechnungen zufolge werde der Höchststand bei 11 bis 12 Milliarden liegen. "Das ist nochmal sehr viel mehr als jetzt. Aber es ist nicht so, dass das über alle Grenzen hinausgeht und die Welt am Ende verhungert."
Grund für das rasante Wachstum der Menschheit sei eine Ungleichzeitigkeit verschiedener Entwicklungen, sagte der Philosoph. Die Kindersterblichkeit sei dramtisch zurückgegangen, während die Lebenserwartung deutlich gestiegen sei. Bildung und soziale Bedingungen hätten sich demgegenüber aber nicht in der gleichen Weise verändert. "Das heißt, die ökonomische Entwicklung hinkt der medizinischen und hygienischen Verbesserung deutlich hinterher."
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