Julia Korbik: "Bonjour Liberté"

Françoise Sagan und ihre besondere Sprache

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Françoise Sagan sitzt an ihrer Schreibmaschine und hält Blätter in der Hand.
Françoise Sagan wurde von den meist männlichen Literaturkritikern als Leichtgewicht gesehen. Autorin Julia Korbik ist da anderer Meinung. © imago / Luc Fournol
Moderation: Andrea Gerk · 13.04.2021
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Die Schriftstellerin Françoise Sagan galt als fröhlich und partysüchtig, doch das war nur Fassade, sagt Julia Korbik. In ihrem Buch "Bonjour Liberté" erzählt sie, wie Sagan von einer schlechten Schülerin zu einer weltberühmten Schriftstellerin wurde.
Mit 18 Jahren schrieb Françoise Sagan ihren Roman "Bonjour Tristesse" und wurde auf einen Schlag weltberühmt. Sie hatte für ihr Alter ein ausgeprägtes Selbstverständnis als Schriftstellerin, erzählt Julia Korbik, die in ihrem Buch "Bonjour Liberté" an das Leben Sagans erinnert. Es trägt den Untertitel "Françoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit".

Eine schlechte Schülerin

"Mir gefällt an ihr wahnsinnig gut, dass sie jemand war, der verstanden hat, dass sich Menschen manchmal selbst im Weg stehen und deshalb nicht all die Dinge machen können, die sie machen wollen", so Korbik.
Sagan selbst sei anders gewesen: eine schlechte Schülerin und Studienabbrecherin - trotzdem habe sie gewusst, dass sie Schriftstellerin werden will. Einen anderen Plan habe sie auch nicht gehabt, sagt Korbik.
Mit ihrem Debütroman "explodierte sie mit 18 Jahren an die Öffentlichkeit". Der Roman galt 1954 als skandalös. Kritiker warfen Sagan damals vor, ihre Texte seien oberflächlich und schlampig geschrieben.

"Sehr lesenswerte Bücher"

"Ich finde, Françoise Sagan wurde von der männlich dominierten Literaturkritik als Leichtgewicht abgetan", sagt Korbik. "Aber das stimmt so nicht. Sie hat sehr lesenswerte Bücher geschrieben."
Ihre Sprache habe eine eigene Melodie. Im Französischen spreche man von der "petite musique", von der kleinen Musik. "Da finden sich tolle Details", schwärmt Korbik. "Da 'stolziert der Wind durchs Zimmer' oder Gedanken sind 'eiskalt und glatt wie Fische'."
Sie habe auch mit wenigen Worten Menschen charakterisieren können. Über einen Mann schrieb sie, er gehöre zu jener Kategorie Männer, die kein Geburtsdatum haben. "Und da weiß man sofort, hier geht es um einen Casanova, einen Mann, der nicht altern will."
Julia Korbik sitzt in Jeans auf der staubigen Rampe vor einem Industrieschuppen.
Julia Korbik ist fasziniert von der Sprache Françoise Sagans.© Paula Winkler
Korbiks Buch konzentriert sich auf das Leben der Françoise Sagan in den 50er-Jahren, die als Françoise Quoirez 1935 geboren wurde. Sie wuchs mit zwei älteren Geschwistern auf und war das Nesthäkchen in der Familie, erzählt Korbik. Ihre Eltern merkten bald, dass Françoise ihren eigenen Kopf hat, und sie hätten ein Stück weit kapituliert.

Eine Rolle als Schutz

Sagan hatte das Image einer fröhlichen, partysüchtigen, rasenden Schriftstellerin. Sie hat diese Lebensweise von ihren Eltern übernommen, die auch gerne viel unterwegs waren und die Kinder übers Wochenende in den Händen des Kindermädchens gelassen haben.
Auf der anderen Seite habe sie einen Hang zur Melancholie gehabt, sei oft traurig und einsam gewesen. Aber Sagan habe früh verstanden, dass sie sich in der Öffentlichkeit eine Art Maske aufsetzen müsse, dass sie eine Rolle spielen muss, wenn sie mit ihrem Ruhm klarkommen will.
"Wie aus Françoise Quoirez die berühmte Françoise Sagan wurde, das fand ich interessant", so Korbik.

Julia Korbik: Bonjour Liberté. Françoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit
Carl Hanser Verlag, München 2021
304 Seiten, 20 Euro

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