Jugendliteratur

Spiel mir das Lied vom Tod

Die beiden Helden in Corinna Antelmanns Roman, sehen sich umgeben von Feinden.
Die beiden Helden in Corinna Antelmanns Roman, sehen sich umgeben von Feinden. © dpa picture alliance / Maximilian Schönherr
Von Sylvia Schwab · 30.04.2014
Corinna Antelmann erzählt die Geschichte von Maja und Klebe, die mit den Wirren der Pubertät kämpfen. In ihrer Enttäuschung über ihre Umwelt schmieden die beiden einen teuflischen Plan.
"Der Rabe ist Acht" - hinter diesem merkwürdigen Titel verbirgt sich eine Zahlensymbolik, die für Maja und Klebe, die beiden Protagonisten des Romans, eine immense Rolle spielt. Die beiden Sechzehnjährigen sind äußerst empfänglich für Zahlenmystik und Traumdeuterei, Farbsymbolik und Bibelgleichnisse. Sie denken über Gott und die Welt nach, über den Sinn des Lebens und ihre eigene Zukunft.
Und beide stecken voller Wut auf die Gesellschaft, ärgern sich maßlos über die Vorurteile anderer und sind doch selbst fürchterlich arrogant. Eine explosive Mischung, wie sich schnell herausstellt!
Maja, die Bienen hasst, und Klebe, der Raben liebt, fühlen sich - obwohl sie sehr unterschiedlich sind - seelenverwandt und verlieben sich ineinander. Maja, die Streberin und Klassenbeste, ist zwar "perfekt programmiert", aber in ihr brodelt es vor Lebensekel und angestauter Aggression.
Nach einer Kränkung wird ein teuflicher Plan geschmiedet
Und Klebe, der kreativ, entspannt und glücklich ist, Gewalt hasst und doch plötzlich entdeckt, dass er zum Gespött der Lehrer wird und dadurch allen Halt verliert. Wie von selbst entsteht aus dem Nichts ein teuflischer Plan, von dem jeder der beiden glaubt, der andere sei der Erfinder: Klebe soll sechs Lehrer töten, "um das Orakel zu erfüllen" und damit sich für Maja "die Welt andersherum drehen kann".
Wie aus dem Spiel blutiger Ernst wird, wie zwei intelligente und sensible Jugendliche zu spinnen anfangen und schließlich durchdrehen, das alles hält Corinna Antelmann sozusagen aus der Mitte des Geschehens heraus fest. Maja und Klebe glauben, selbst zu entscheiden und den Anschlag zu steuern, dabei sind sie nur getrieben von Gewaltphantasien und ihrer verqueren Zahlenmystik. So wenig wahrscheinlich, ja fast künstlich die Handlung wirkt, so glaubhaft ist sie aus den Erzählungen der beiden heraus literarisch gestaltet. Auch die Leser und Leserinnen werden mitgerissen von dem emotionalen Auf und Ab der beiden, deren großen Bewegungen innen und nicht außen stattfinden.
Nachgedacht, reflektiert und geredet
"Der Rabe ist Acht" ist kein Actionroman, sondern ein eher stilles Buch. Es wird wenig gehandelt und unternommen, aber sehr viel nachgedacht, reflektiert und geredet.
Während Maja sich prollig über die "verkackte Welt mit ihren noch verkackteren Benimmregeln" aufregt, sich sprachlich drastisch abreagiert, bleibt Klebe locker und umgangssprachlich. Abwechselnd erzählen sie ihre Geschichte, in immer kürzeren Partien, in immer schnellerem Wechsel, bis sich die Handlung am Schluss nicht nur spannend zuspitzt, sondern formal auch in einem rasanten Dialog endet. Beide Berichte sind mitreißend und verführerisch gut nachvollziehbar geschrieben.
Corinna Antelmann hat ein kluges und kunstvolles Buch über die Verwirrungen der Pubertät geschrieben. Nicht alles wird erklärt, manches bleibt geheimnisvoll und in der Schwebe. So kann sich jeder seinen eigenen Reim auf Majas und Klebes Geschichte machen und da auch der Schluss - explosiv im wahrsten Sinne des Wortes - offen bleibt, ist auch dann noch alles möglich.

Corinna Antelmann: Der Rabe ist Acht
mixtvision, München 2014
220 Seiten, 12,90 Euro
Ab 14 Jahren