Jürgen Trittin zur Gewaltmonopol-Debatte

Vor dem Gesetz müssen alle gleich sein

08:36 Minuten
Jürgen Trittin schaut mit verschränkten Armen zur Seite.
Von Anfang an verfolgten die Grünen das Prinzip des gewaltfreien Widerstands, sagt Jürgen Trittin. © picture alliance/Christoph Soeder/dpa
Moderation: Liane von Billerbeck · 10.06.2020
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Wer in der aktuellen Debatte um Polizeigewalt meint, wir brauchten kein staatliches Gewaltmonopol mehr, dem rät Jürgen Trittin zu einem Blick nach Somalia. Ohne die Herrschaft des Rechts untergrabe das staatliche Gewaltmonopol aber seine Legitimität.
Wenn Staatsgewalt in Gewalttätigkeit umschlägt: Der Tod des Afroamerikaners George Floyd infolge eines gewaltsamen Polizeieinsatzes hat auch die Diskussion über das staatliche Gewaltmonopol aufflammen lassen. Missbrauchen Polizisten das Gewaltmonopol? Oder ist das staatliche Gewaltmonopol überhaupt eine überkommene Vorstellung?
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin warnt davor, die Diskussion über Polizeigewalt mit einer Diskussion über das staatliche Gewaltmonopol zu vermengen:
"Wenn Sie wissen wollen, wie das ist, wenn man kein staatliches Gewaltmonopol mehr hat, dann müssen Sie einfach nach Somalia schauen", sagt er. Dort sehe man, was es für Folgen habe, wenn sich über Jahrzehnte Milizen gegenseitig bekämpften.
Es sei ein zivilisatorischer Fortschritt, dass sich Gesellschaften darauf geeinigt hätten, ihre Konflikte nicht mehr mit mit Gewalt auszutragen, sondern dass nur eine gesonderte Instanz zur Gewaltanwendung befugt sei, unterstreicht Trittin.

Wenn der Staat schikaniert

Zum staatlichen Gewaltmonopol gehöre allerdings zwingend die Herrschaft des Rechts und dass alle vor dem Gesetz gleich sind:
"Wenn die Gewalt des Staates so angewandt wird, dass vor dem Gesetz nicht alle gleich sind, sondern im Gegenteil – und das ist in manchen Südstaaten der USA so – der Staat instrumentalisiert wird für die Schikane und die Diskriminierung eines bestimmten Teils der Bevölkerung, dann muss man von institutionellem Rassismus sprechen", so der Grünen-Politiker. "Dann gilt nicht mehr die Herrschaft des Rechts, und das untergräbt natürlich die Legitimation des Gewaltmonopols des Staates."

Tradition des gewaltfreien Widerstands

In den Augen Trittins haben die Grünen mit ihrem Prinzip des gewaltfreien Widerstands einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass politische Konflikte in Deutschland ziviler und zivilisierter ausgetragen würden, als es vielleicht vorher der Fall gewesen sei.
"Das war zum Beispiel der Ausdruck der Sitzblockaden vor Mutlangen. Diese Haltung, die lange Zeit als Angriff auf das staatliche Gewaltmonopol bezeichnet worden ist vom politischen Gegner, ist anschließend vom Bundesverfassungsgericht geadelt worden."
So habe dieses ausdrücklich festgestellt, dass Sitzblockaden durch friedliches Herumsitzen keine Gewalt seien.
(uko)
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