Jüdisches Museum Rendsburg

Museum zum Anfassen

Das Jüdische Museum Rendsburg in Schleswig-Holstein.
Das Jüdische Museum Rendsburg in Schleswig-Holstein © dpa / picture alliance / Carsten Rehder
Von Thomas Klatt · 10.07.2015
Das jüdische Museum im schleswig-holsteinischen Rendsburg liegt mitten in der Provinz. Doch es ist einen Besuch wert. Die Ausstellung lädt zum Mitmachen und Lernen ein - an einem historischen Ort.
Kinder wuseln durch die Ausstellungsräume. Sie fotografieren, malen, kleben, schneiden zu, hängen Bilder, bauen Vitrinen auf. Museumsmitarbeiterin Silke Ettling kann erklären, was hier los ist:
"Wir bereiten eine Ausstellung vor. Was ein Handwaschteller ist, Purim-Ratsche, wie eine Thora-Rolle richtig zu behandeln ist, und dazu sind eigene Sachen entstanden."
Denn das Jüdische Museum Rendsburg ist ein Mitmach- und Lernort in der alten Synagoge. Hier gibt es zum Beispiel Hör- und Lernstationen auf der ehemaligen Frauenempore. An einer Vitrine geht es um jüdische Feiertage, man braucht nur jeweils eine Klappe zu öffnen.
"Sie sehen gegenüber in der Vitrine, die Thora-Rolle hat Thora-Kronen, oft versehen mit kleinen Glöckchen. Man tanzt durch die Synagoge und dann ertönt... Beim Purim wird natürlich die Esther-Geschichte gelesen, die es geschafft hat Haman den Bösewicht in die Flucht zu schlagen und ihr Volk zu retten. Wir zeigen eben, dass es laut und fröhlich zugeht."
Wem das nicht genug ist, der kann sich die Feste auch noch mal an extra Hörstationen erklären lassen.
"Ich mag an Tu Bischwat, dass wir Früchte essen, die in Israel wachsen, Weizen, Gerste, Trauben, Oliven, Datteln, Feigen und Granatapfel. Und ich finde es toll, dass man im Judentum nicht die Natur vergisst."
Ein Museum zum Mitmachen und ausprobieren
Auf Sesseln und Sofas im Stil skandinavischer Sitzmöbel kann man sich lümmeln und schmökern. Oder es liegen Kippoth aus, bunt und vielfältig etwa auch im Fußballdesign zum Aufsetzen und Ausprobieren. Man kann auch ein bisschen Ivrith lernen. Die Alephbeth-Station ist hier der Renner.
"Aha, mein Name wird so geschrieben und dann gibt es Schablonen und diese Kiste ist total beliebt, auch bei allen Generationen. Es kommen auch Senioren am Tresen bei den Kollegen an und sagen: Gucken Sie mal, wir haben unseren Namen in Hebräisch geschrieben um dann festzustellen, dass das Ganze dann auch noch von rechts nach links geschrieben werden muss. Und dann gehen sie noch mal raus und schreiben das Ganze von rechts nach links."
An historischer Stätte, denn das Jüdische Museum Rendsburg befindet sich genau dort, wo die Gemeinde 1844 Synagoge und Thora-Talmud-Schule errichtet hatte. Juden leben aber schon länger hier. Museumsleiter Carsten Fleischhauer:
"Eine Vergangenheit, die bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht, wo Rendsburg eine der Toleranzstädte im dänischen Königreich war, wo Juden sich für damalige Verhältnisse relativ frei entfalten und niederlassen konnten und deshalb ist es im 17., 18., 19. Jahrhundert eine der großen Gemeinden in Schleswig-Holstein gewesen."
Der dänische König gewährte gewisse Freiheiten, um auch Juden in der Festungsstadt Rendsburg anzusiedeln. Noch heute sind die Beschriftungen im Museum auf Deutsch, Englisch und Dänisch geschrieben. Völlige bürgerliche Freiheit erhielten die Juden allerdings nicht. 1864 verloren die Dänen den Krieg gegen Preußen. Rendsburg wurde deutsch. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte schließlich die völlige bürgerliche Gleichstellung für die Juden im Reich. Im Museum wird an die Geschichten der jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein erinnert.
"Sie sehen hier in diesem Dokumentationsteil in diesem Bereich Gemeinden vor der Emanzipation, also der vollständigen Gleichstellung der Juden, dass es interessanterweise in kleinen Orten vielfach Gemeinden gibt, Burg auf Fehmarn, Bad Segeberg, Ahrensburg, alles keine Großstädte, Landgemeinden, die relativ typisch für das jüdische Leben vor der Emanzipation sind, während der Trend seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr, sehr klar in Richtung Großstädte ging und viele der kleinen Landgemeinden sich dann auch aufgelöst haben."
Die Synagoge überstand die Reichsprogromnacht durch Zufall
Die Rendsburger Gemeinde selbst schmolz Anfang der 1930er-Jahre von einstmals 300 auf nur noch rund 30 Mitglieder zusammen. Dass die Synagoge die Reichspogromnacht überstand, ist wohl nur dem Umstand zu verdanken gewesen, dass ein Nachbar den großen zweistöckigen Raum als Fischräucherei übernehmen wollte. Bis in die 1970er-Jahre wurde hier nicht mehr aus der Thora gelesen, sondern Bückling und Makrele in den Rauch gehängt. Die Spuren sind heute noch im Betsaal sichtbar. Erst in den 1980er-Jahren wurde das kleine jüdische Gebäudeensemble als Kulturstätte wiederbelebt. 2002 dann erfolgte die Einweihung als jüdisches Museum. Sogar die originalgetreue Mikwe ist heute noch zu bestaunen. Mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals 1895 fiel einst das Grundwasser ab und das Ritualbad konnte nicht mehr genutzt werden. In den Hinterhäusern des heutigen Museums steht Interessierten eine rund 4000 Bände umfassende Bibliothek zur Verfügung.
Besonders am Herzen liegt Carsten Fleischhauer aber die Ausstellung jüdischer Künstler, die im Dritten Reich verfolgt wurden oder der Stadt besonders verbunden waren. Der Bildhauer Josef Hebroni etwa. Nicht ohne Stolz, in Rendsburg hängt auch ein echter Max Liebermann, Porträt der Eugenia Levin. - Bei den Kindern kommt auch die Kunst im Jüdischen Museum Rendsburg gut an. Besonders das Gemälde von Max Liebermann hat es ihnen angetan. Zumindest erscheint es ihnen sehr, sehr wertvoll.
Kind: "Wir sollten uns hier alle ausstellen. Weil das fast alle gemacht haben vor dem Bild. Am teuersten. Ja das kostet über 100 Millionen."
Mehr zum Thema