Journalist Marcel Mettelsiefen

Vom Krieg erzählen, ohne den Krieg zu zeigen

Marcel Mettelsiefen
Marcel Mettelsiefen © imago/teutopress
Moderation: Ulrike Timm · 15.05.2017
Marcel Mettelsiefen mag den Begriff "Krisenreporter" nicht, doch er hat schon aus vielen Krisenregionen dieser Welt berichtet: aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Erst in diesem Jahr war er außerdem für einen Oscar nominiert - mit einer Dokumentation.
Mit seinem jüngsten Film war er für den Oskar nominiert. Für den Film "Watani – My Homeland" hat der Dokumentarfilmer Marcel Mettelsiefen drei Jahre lang eine syrische Familie begleitet, erzählt ist die anrührende Geschichte aus der Perspektive der Kinder:
"Dadurch, dass sie ja, spielerisch, mit der Situation umgingen, ein unglaubliches Vermögen hatten, fast poetisch, ihre Umgebung zu beschreiben."
Ungewöhnlich war es auch, dass Mettelsiefen die Erlaubnis bekam, die Frauen der Familie zu filmen:
"Wir begleiten eine weiblich muslimische Familie, einen Vater Abu Ali, der Kämpfer, der mir die Erlaubnis gegeben hat: Seine Frau zu filmen, etwas, das in einem immer religiöser werdenden Syrien sehr, sehr selten war. Und seine letztendlich pubertierenden Mädchen, auch etwas, das im werte-konservativen Islam sehr, sehr selten ist."
Nicht nur Talent und Zielstrebigkeit, auch viele Zufälle haben Marcel Mettelsiefen beruflich dorthin geführt, wo er heute steht. Ein Zufall brachte ihn von der Medizin zur Fotografie, ein weiterer von dort schließlich zum Film. "Bauchgetrieben" seien viele seiner Entscheidungen gewesen, sagt Mettelsiefen, der aus Syrien, Afghanistan und Irak ebenso berichtet hat wie vom Arabischen Frühling in Ägypten und Libyen oder von den Unruhen in Haiti.

Die Bezeichnung "Krisenreporter" mag er nicht

Als Krisenreporter wollte sich der 38-Jährige dennoch lange nicht bezeichnen lassen – als zu eng empfand er diese Schublade. Und auch das Geschichtenerzähler habe er als langjähriger Agenturfotograf erst lernen müssen:
"Ich glaube, wenn man sich meine Arbeit als Fotograf anschaut, und auch die Tatsache, dass ich als Fotograf niemals einen Preis gewonnen habe, weil man als Fotograf die Gefahr stilisieren muss. Und ich habe nie als Fotograf sozusagen an der Front gearbeitet und deswegen damals auch immer meine Schwierigkeit mit diesem Begriff des 'Kriegsfotografen' gehabt.
Weil da muss man wirklich auf den Moment warten und das bedeutet über sechs Wochen, sieben Wochen Kämpfern zu folgen, was ich niemals getan habe. Und als Dokumentarfilmer, wenn man sich da die Filme anschaut, hört man fast keinen einzigen Schuss. Ich erzähle die Geschichten des Krieges, ohne den Krieg zu zeigen."
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