Journalist Jörg Armbruster

"Über Krieg kann man nicht nur vom Schreibtisch aus berichten"

Jörg Armbruster
Der Journalist Jörg Armbruster in der ARD-Talkshow Günther Jauch am 22.06.2014. © imago/Müller-Stauffenberg
Jörg Armbruster im Gespräch mit Britta Bürger · 08.09.2016
Nächste Woche erscheint sein neues Buch über deutschstämmige Juden in Israel. Der Journalist Jörg Armbruster spricht mit uns über seine Erfahrungen im Nahen Osten, von wo er jahrelang für die ARD berichtete.
Man kann vom Krieg nicht nur vom Schreibtisch aus berichten, sagt der Journalist Jörg Armbruster. Viele Jahre war er ARD-Fernsehkorrespondent im Nahen Osten und damit für ein Berichterstattungsgebiet von sechzehn Ländern verantwortlich.
Von seinem Hauptarbeitsort in Kairo reiste er durch die Region, um einen Eindruck von den Situationen und Menschen zu bekommen. Einen geregelten Arbeitstag gab es selten.
"Aber ich wollte auch eigentlich nie einen geregelten Alltag haben, deshalb hat mir das Leben als Fernsehkorrespondent in Kairo – und wir waren natürlich auch sehr viel auf Reisen – sehr gut gefallen. Ich hätte zum Finanzbeamten nicht getaugt."

Kriegsreporter haben das höhere Ansehen

Als Reporter hat Jörg Armbruster den Irakkrieg begleitet, den Arabischen Frühling erlebt, Aleppo vor der Zerstörung kennengelernt.
"Ich glaube, ich bin allmählich in diese Kriegs- und Krisensituationen hineingewachsen, weil ich mich von Hause aus eben nicht als Kriegs- oder Krisenreporter verstehe, sondern als Nahost-Korrespondent, der eigentlich lieber über einen friedlichen Nahen Osten (…) berichtet als über Krieg und Krisen. Auch wenn diese Kriegsreporter in der Öffentlichkeit ein viel höheres Ansehen genießen als ein Korrespondent, der versucht, die Kultur den Menschen hier zu vermitteln."
Im Nahen Osten müsse man als Korrespondent oft schneller reagieren als an anderen Orten der Welt. Und auch hier brauche es manchmal Reporterglück, also jenes kleine Quäntchen Fortune, das für Journalisten – neben aller Sorgfalt, aller Planung, aller Übersicht und Professionalität – manchmal den Unterschied macht.
Jörg Armbruster hatte es zumindest zweimal in seinem Leben - auf ganz unterschiedliche Weise:
Im Januar 2011 brach just während einer Live-Schalte mit der Tagesschau in seinem Rücken der Jubel los: Der von vielen Ägyptern so verhasste Präsident Hosni Mubarak hatte wenige Augenblicke zuvor seinen Rücktritt erklärt. Jörg Armbruster brachte diese Nachricht als Erster in die deutschen Medien.
Nach seinem offiziellen Dienstende hatte der Vollblutjournalist noch unvergleichlich größeres Reporterglück - im Unglück. Nur wenige Monate nach seinem Umzug zurück nach Deutschland war er für eine lange Reportage wieder im Nahen Osten unterwegs und wurde in Aleppo durch den Schuss eines Scharfschützen lebensgefährlich verletzt.

"Ich wollte, dass die Menschen uns zumindest in der ersten Begegnung offen aufnehmen"

Sein Hörfunkkollege Martin Durm handelte geistesgegenwärtig, versorgte den Schwerverletzten und brachte ihn in ein Feldlazarett der Rebellen. Eine schusssichere Weste hatten die beiden nicht getragen.
"Ich habe sie nicht angezogen (…), weil das einen Abstand zu den Menschen schafft und den Menschen vermittelt 'Eigentlich misstrauen wir euch, es könnte ja sein, dass ihr auf uns schießt oder Übles mit uns vorhabt' – das wollte ich nicht. Ich wollte, dass die Menschen uns zumindest in der ersten Begegnung offen aufnehmen und nicht das Gefühl bekommen, da kommt einer, der meint, sich vor uns schützen zu müssen."
Heute hat sich der 68-Jährige vollständig erholt und war wieder in seinem alten Berichterstattungsgebiet unterwegs, zuletzt für sein neues Buchprojekt über deutschstämmige Juden in Israel.
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