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Klimaschutzplan 2050
Gabriel drückt auf die Bremse

Eigentlich sollte der Klimaschutzplan 2050 heute im Bundeskabinett verabschiedet werden. Doch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat ihn offenbar gestoppt. Die Zeit für einen neuen Plan wird knapp - nächste Woche ist Umweltministerin Barbara Hendricks beim UNO-Klimagipfel in Marokko.

Von Nadine Lindner | 09.11.2016
    Der Blick auf das Braunkohlekraftwerk und die Müllverbrennungsanlage Buschhaus bei Helmstedt, aufgenommen am 04.10.2003. Im Vordergrund sind die Dächer des Dorfes Esbeck zu sehen, im Hintergrund stehen Windkrafträder am Rande eines aufgelassenen Tagebaus.
    Beim Thema Braunkohle gibt es Uneinigkeit in der Koalition. (dpa / Stefan Hähnsen )
    Das war eine handfeste Überraschung, gestern Abend in Berlin. Eigentlich hatten alle damit gerechnet, dass der Klimaschutzplan heute im Kabinett verabschiedet werden kann. Hendricks wird nächste Woche auf der Klimakonferenz in Marrakesch erwartet und sollte den abgestimmten Plan dort vorstellen.
    Nachdem sich bis gestern die Staatssekretäre der betreffenden Ministerin, darunter das federführende Umweltministerium, sowie Verkehr, Landwirtschaft, Finanzen und Wirtschaft geeinigt hatten, saßen die Spitzen der Großen Koalition Angela Merkel und Sigmar Gabriel gestern Abend zusammen. Offenbar konnte man sich beim Thema Braunkohle nicht einigen. Medienberichten zufolge soll Wirtschaftsminister Gabriel dann den Plan gestoppt haben.
    "Strukturbrüche vermeiden"
    Auf eine Anfrage des Deutschlandradios sagte das Wirtschaftsministerium am Vormittag, dass Gabriel – Zitat – Strukturbrüche vermeiden wollte. Es sei ihm ein wichtiges Anliegen, dass die Industrie insgesamt die Herausforderungen bewältigen könne. Der Klimaschutzplan solle nun bis zum Wochenende fertiggestellt werden, so das Wirtschaftsministerium.
    Umweltministerin Hendricks will mit dem Klimaschutzplan aufzeigen, wie Deutschland bis 2050 den Netto-Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen Richtung Null bringen und so die Klimaziele von Paris erreichen kann. Dabei sollen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft oder Energiewirtschaft bestimmte CO2-Einsparziele erreichen. Um die Höhe war lange koalitionsintern gefeilscht worden. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz ist der Plan aber nicht.
    Reaktionen der Opposition
    Die Reaktionen aus Opposition und Umweltverbänden auf die fehlende Einigung fallen zurückhaltend bis entsetzt aus. Die Linke im Bundestag fordert, den Klimaschutzplan nach der Konferenz von Marrakesch noch einmal in Ruhe zu verhandeln. Die grüne Klimaexpertin Annalena Baerbock übt heftige Kritik.
    "Ja, das ist ein totales Desaster für die Bundesregierung, aber auch für das Image Deutschlands weltweit. Das Fatale ist, dass dieser Klimaschutzplan erst von den Klimaskeptikern der Union ausgebremst wurde. Der finale Todesstoß bislang hat ihm dann der Wirtschaftsminister gegeben. Das ist auch ein Affront gegenüber seiner eigenen SPD-Umweltministerin."
    Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das vorläufige Scheitern des Konzepts eine "Bankrotterklärung". Gabriel habe seine Umweltministerin verraten, sagte Klimaexperte Karsten Smid der dpa.