Jeff Koons wird 60

Porno-Künstler und Meister des Kitsch

Der US-amerikanische Künstler Jeff Koons sitzt am 19.06.2012 in Frankfurt am Main auf einer Pressekonferenz zu seiner Doppelausstellung in der Frankfurter Schirn und dem Liebieghaus unter dem Titel "Jeff Koons - The Painter and the Sculptor".
Jeff Koons bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main © picture-alliance / dpa / Boris Roessler
Von Kai Clement · 21.01.2015
Riesenterrier, Luftballon-Tiere und viel Sex: Jeff Koons ist mit Pop-Kitsch und Porno zu einem der großen Stars der Kunstwelt geworden. Vor 60 Jahren wurde der US-amerikanische Konzeptkünstler geboren.
Das – das ist über zehn Meter hoch. Es stand vergangenen Herbst vor New Yorks Rockefeller Center. Dort, wo ein paar Monate später der riesige Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Es war ebenfalls riesig. Und bedeckt mit tausenden und abertausenden Begonien, Geranien und Petunien.
Das – so erklärt es NBC-Moderator Andrew Siff – ist der so genannte "Split-Rocker". Eine kolossale Blumenskulptur. Ein gespaltener, bepflanzter Kopf. Zur Hälfte ein Schaukelpferdkopf. Zur anderen Seite ein Spielzeugdinosaurier. Eine Installation des berühmten Künstlers Jeff Koons. Für ihn eine picasso-esque Skulptur – das Pony blickt in die eine, der Dinosaurier in die andere Richtung.
Ein kubistisches Verwirrspiel also? Eine neue Dimension von Kitsch? Ein Symbol der Gespaltenheit, wie es der Name suggeriert? Mitte September war die Skulptur wieder verschwunden – und alle Fragen offen. Nicht so für den Kurator Nicholas Baume: Jeff Koons – wohl einer der berühmtesten Künstler heute weltweit.
Nicholas Baume: "Der berühmteste, der teuerste und auch der anzüglichste – Jeff Koons vereint viele Superlative."
Seine ersten Kunstwerke stellte er noch im Möbelladen der Eltern aus. Er zieht vor fast 40 Jahren nach New York und arbeitet dank beachtlichen Misserfolgs als Verkäufer im Metropolitan Museum of Art, seine Galeristin trennt sich von ihm. Heute – da zeigt dasselbe Museum gerne Koons' Werke und spätestens mit den 90er-Jahren ist sein Erfolg kaum noch zu überbieten.
Das größte Kunstwerk seines Lebens: seine Ehe
Vielleicht das größte Gesamtkunstwerk seines Lebens: die Ehe mit Cicciolina. Cicciolina Staller. Cicciolina, das Schnuckelchen, hat sich einen Namen im Pornogeschäft, als italienische Politikerin – und als die Frau an der Seite von Jeff Koons gemacht. Wenn auch nur für drei Jahre. Jeder kennt sie und Koons – nicht nur ihre Namen, sondern auch ihre Körper, ihre Sexpraktiken. Denn sie wurden zur Leinwand, zur Skulptur.
Die Riesenplastik "Balloon Dog" des Künstlers Jeff Koons im Centre Pompidou in Paris, November 2014
Die Riesenplastik "Balloon Dog" des Künstlers Jeff Koons im Centre Pompidou in Paris, November 2014© picture alliance / dpa
"Für mich beginnt Kunst damit, sich selbst anzunehmen, sich selbst zu vertrauen. Was immer dann passiert: perfekt. Nichts muss erreicht werden. Das Ergebnis ist Kunst – das, was man in sich selbst findet."
Einen furiosen Supermarkt, so nannte "Die Zeit" das Ergebnis. Gemischt aus Religion und Aberglaube, Kitsch und Ästhetik, prä-industrieller Hochkultur und Industrieramsch. Michael Jackson als Porzellan-Skulpur, Koons' Terrier Puppy als Blumenkunstwerk, praktisch ein Vorläufer von Split-Rocker, ein überdimensionaler, auf Hochglanz polierter Ballon-Dog, ein wie aus Luftballons geformter Hund. Mit dessen Verkaufsrekord bei New Yorks Auktionshaus Christie's wird er zum teuersten lebenden Künstler gekrönt.
Die Werke entstehen in New Yorks Galerieviertel Chelsea – in einem Atelier mit 1500 Quadratmetern und über 80 Mitarbeitern. So wird dem zurückhaltend elegant gekleideten 60-Jährigem auch gerne die Frage nach Urheberschaft gestellt.
"Am Ende bin ich doch für jeden Teil meiner Arbeit verantwortlich. Ich habe ein System entwickelt, dass zum Beispiel bei einem Gemälde jeder Pinselstrich – auch wenn er von jemand anderem kommt – genauso ist, wie ich es machen würde."
Damit hat der Amerikaner auch in Europa Erfolg. Ob bei der Biennale in Venedig, der Neuen Nationalgalerie in Berlin oder dem Centre Pompidou in Paris. Alle wollen ihn. Und seine Vision. Denn wer Vision hat, der kann sie auch anwenden.
Mehr zum Thema