"Je mehr wir tauen, desto mehr Treibhausgase werden erzeugt"

21.12.2006
Der Forschungsstellenleiter des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Potsdam, Hans-Wolfgang Hubberten, hat einige Vorhersagen über dramatische Folgen des Klimawandels relativiert. Im Deutschlandradio Kultur reagierte Hubberten am Donnerstag zurückhaltend auf eine neue Studie, wonach durch das Abschmelzen des Eises in den Polargebieten der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um 50 bis 140 Zentimeter steigen könnte.
Solche Vorhersagen seien "ein wenig gewagt", so der Polarforscher. Zum einen seien die Modelle noch nicht ausreichend angepasst, um derartige Prognosen treffen zu können, zum anderen lägen die erforderlichen Messdaten noch nicht vor.

Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass der Meeresspiegel steigt, allerdings sei die Unsicherheit immer noch sehr groß: "Man kann zum einen die etwas dramatischen Szenarien annehmen, man könnte sich aber auch vorstellen, dass der Anstieg nur im Bereich von vielleicht 20 bis 50 Zentimeter liegen würde. Ähnliche Unsicherheiten gelten laut Hubberten für Studien, wonach der Nordpol im Jahr 2080 komplett eisfrei sein werde. Der Wissenschaftler verwies auf das Internationale Polarjahr 2007, das durch eine breite Zusammenarbeit von Forschern aus aller Welt zusätzliche Daten und Beobachtungen über die Entwicklungen in Arktis und Antarktis liefern soll.

Besorgt zeigte sich Hubberten über die möglichen Auswirkungen der Klimaerwärmungen auf die Permafrostböden. Nach seinen Angaben ist zwar in den Gebieten in unmittelbarer Nähe zur Arktis "noch kein gravierendes Tauen" festzustellen, aber in den südlicheren Gebieten sei eine Erwärmung der Böden bis in größere Tiefen festzustellen.

Wie Hubberten erläuterte, könnte dieser Prozess sich selbst noch verstärken: "Je mehr wir tauen, desto mehr Kohlenstoff steht zur Verfügung, desto mehr Treibhausgase werden erzeugt. Das wiederum führt zu einer größeren Erwärmung, zu einem noch verstärkten Tauen – man mag sich überhaupt nicht vorstellen, wohin das führen kann."

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