Ukraine

Sirenen gegen Separatisten

Beim ersten Runden Tischen kamen Vertreter der Übergangsregierung und der Regionen in Kiew zusammen.
Beim ersten Runden Tischen kamen Vertreter der Übergangsregierung und der Regionen in Kiew zusammen. © dpa / picture alliance / Zurab Dzhavakhadze
Von Sabine Adler · 21.05.2014
Während in Nikolajew im Süden der Ukraine an der Grenze zur Krim bei einem dritten Runden Tisch nach einer politischen Lösung für die Krise gesucht wird, streiken die Menschen im Donbass-Gebiet gegen militante Separatisten.
Der Runde Tisch, auf dem am Samstag am Ende ein gemeinsames Memorandum lag, drohte heute leer zu bleiben.
Das Parlament stimmte gestern erst nach langer Diskussion den im Memorandum erhobenen Forderungen zu. Der blockfreie Status der Ukraine wurde nicht festgeschrieben, Ukrainisch bleibt Staatssprache, Russisch bekommt den Status einer Minderheitensprache, die an die erste Stelle tritt in Regionen mit hohem russischen Bevölkerungsanteil, das gleiche gilt für die Sprachen anderer Nationalitäten. Verabschiedet wurde ein Amnestiegesetz für prorussische Aktivisten, die die Waffen niedergelegt haben.
Die Regierung will nach Kiew und Charkiw heute in der südukrainischen Stadt Nikolajew den dritten Runden Tisch abhalten und zugleich ihre Kabinettssitzung. Den Bewohnern von Slawiansk reißt die Geduld. Seit zwei Monaten bekommen sie ihre Renten nicht ausgezahlt, weil sich die Geldtransporte der Regierung wegen der prorussischen Milizen nicht in die Stadt wagen, wie die Sozialministerin beklagte.
"Wir sind ja bereit das Geld auszuzahlen. Doch die Lage ist die, dass es physisch nicht möglich ist. Die Separatisten, Terroristen stehlen nicht nur das Geld, sondern sie bringen die Leute um, die es transportieren. Das können wir nicht riskieren."
Diese Rentnerin fordert eine Lösung.
"Der Westen des Landes betrachtet uns doch als Feinde. Die Regierung will uns vereinen, aber wenn das nicht gelingt, dann lassen sie den Osten doch gehen, lassen sie uns gehen. Machen sie wenigstens das, damit das Land nicht stirbt."
Hoffen auf schnelle Entscheidung
Auf den am Sonntag zu wählenden Präsidenten kommt ein Mammutprogramm zu. Pedro Poroschenko, der Favorit, wirbt dafür, eine Entscheidung bereits im ersten Wahlgang herbeizuführen, nicht zuletzt weil die Wahl dann nur halb so teuer wäre. Wenn sich die Umfragen bestätigen, entfällt die Stichwahl am 15. Juni, denn derzeit werden ihm über 53 Prozent der Stimmen zugeschrieben, Julia Timoschenko, der Zweitplatzierten nur 10 Prozent.
Die Bevölkerung leidet zunehmend unter den Milizen, die Lugansk, Donezk, Kramatorsk und weitere Städte im Osten des Landes besetzt halten. Gestern kamen viele Beschäftigte in den Unternehmen des Multimilliardärs Rinat Achmetow dessen Aufruf zu einem Warnstreik nach.
Um 12 Uhr mittags ertönten Sirenen, läuteten Glocken, hupten Autos, alles Solidaritätsbekundungen für die Streikaktion.
Protest gegen "Banditen und Plünderer"
Es war das erste Mal, dass Achmetow klar gegen die Separatisten Stellung bezog. Der Abgeordnete Mikolajew Lewtschenko beschreibt die Stimmung in der Region, in der am Sonntag vermutlich keine Wahlen stattfinden können.
"Donezk protestiert, gegen den Krieg, gegen die bewaffneten Leute auf den Straßen, diese Banditen und Plünderer haben unsere Unzufriedenheit mit der Kiewer Regierung, die wir nicht anerkennen, ausgenutzt. Auf den Straßen laufen Leute mit Kalaschnikows herum, sie sind nicht auf den Barrikaden, sondern dort, wo Einwohner mit Kindern unterwegs sind. Sie gehen in Geschäfte und nehmen Waren mit, ohne zu bezahlen, sie stehlen den Bürgern die Firmen und Autos, tanken ohne Geld, angeblich alles für das Wohl der Donezker Volksrepublik."