Janosch-Biografie zum 85. Geburtstag

Der Mensch als Mischung aus Tiger und Ente

Illustrator und Geschichtenerzähler Janosch vor einem Plakat mit Bär, Tiger und Tigerente.
Illustrator und Geschichtenerzähler Janosch vor einem Plakat mit Bär, Tiger und Tigerente. © dpa/ picture-alliance/ Roland Weihrauch
Von Günther Wessel · 11.03.2016
"Oh, wie schön ist Panama", das Buch mit den berühmten Figuren, dem kleinen Bären und dem kleinen Tiger mit seiner gestreiften Holzente, war Janoschs Durchbruch. Das Leben des Autor verlief jedoch nicht immer paradiesisch, wie eine neue Biografie zum 85. Geburtstag zeigt.
In fast jedem Haushalt mit Kindern sind sie zu finden - auf Bettzeug oder Brotdosen, Schulranzen oder Tassen: der kleine Bär und der Tiger mit seiner gestreiften Holzente. Zwei liebenswerte, etwas struppig gezeichnete Gestalten, die das einfache Leben und ihre Freundschaft feiern. Die sich nach dem fernen Panama sehnen und merken, dass es zu Hause doch am schönsten ist. Was so leicht und harmonisch daherkommt, stammt von einem Mann, der solche eine Idylle nie selbst erlebte, wie die Janosch-Biografin Angela Bajorek erzählt. Die polnische Literaturwissenschaftlerin hat die erste Biografie über Janosch geschrieben, die jetzt zu dessen 85. Geburtstag auch auf Deutsch erscheint.
Die berühmte Tigerente verkörpert, so Janosch, das Wesen des Menschen. Dieser sei eine Mischung aus Tiger und Ente, außen gefährlich, innen weich, mal mehr, mal weniger Bestie. Er selbst hat vor allem in seiner Jugend die brutale Seite des Menschen kennengelernt: Geboren in Zabrze im polnischen Kohlerevier wächst Horst Eckert - Horst wurde er zu Ehren des Nazis Horst Wessel getauft - in einer Familie mit einem alkoholkranken gewalttätigen Vater und einer prügelnden Mutter auf, besucht eine katholische Schule, in der Gewalt und Missbrauch an der Tagesordnung waren, und erkrankt 1944 an einer Gelbsucht, die mit Schnaps behandelt wurde. Er lernt Schmied und arbeitete in einer Schlosserei.

41 Flaschen Gin für den autobiografischen Roman

1946 zieht die Familie in den Westen. Janosch macht seine Mittlere Reife und beginnt eine Ausbildung als Textilzeichner. Doch das reicht ihm nicht. Erfolglos besucht er die Münchner Akademie der Schönen Künste, streift durch Schwabing, säuft, arbeitet immer wieder als Textilzeichner, läuft frustriert den Frauen hinterher, säuft weiter und beginnt schließlich zu schreiben. 1960 veröffentlicht er bei Georg Lentz in München seine ersten drei schmalen Bücher. Doch erst 1978 stellt sich mit "Oh, wie schön ist Panama" der Erfolg ein.
Viele Bücher entstehen im alkoholisierten Zustand, angeblich braucht er 41 Flaschen Gin, um 1970 seinen autobiografischen Roman "Cholonek oder Der liebe Gott aus Lehm" zu verfassen – eine qualvolle Psychotherapie, wie seine Biografin treffend bemerkt. Überhaupt ist Angela Bajorek Janosch mit großer Hartnäckigkeit sehr nah gekommen. Sie recherchierte in polnischen Archiven, sprach mit Historikern und nach zahllosen gescheiterten Versuchen antwortete Janosch schließlich auf ihre Briefe. Daraus entwickelte sich ein intensiver Kontakt – fast 1000 Mails wechselten die beiden miteinander, und so ist die Biografie mit zahlreichen Zitaten durchsetzt.
Auch wenn manches wie die Auseinandersetzung um die Rechte an Janoschs Werken - sie werden heute von einer AG gehalten, und der Autor verdient keinen Cent an den Merchandisingprodukten - oder sein Engagement für die Giordano-Bruno-Stiftung im Buch nur gestreift werden, gelingt Angela Bajorek ein dichtes, lesenswertes Porträt eines Davongekommenen: eines Mannes, den seine Fantasie mehr als einmal gerettet hat.
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