Jane Gardam: "Weit weg von Verona"

Träume und Ängste einer hinreißenden Heldin

Cover des Romans "Weit weg von Verona" von Jane Gardam
Die 13-Jährige liebt den Lesesaal der Bücherei, in den sie jeden Nachmittag geht und maßlos Lesestoff verschlingt. © Hanser Literaturverlage / imago stock&people
Von Manuela Reichart · 26.07.2018
Im Mittelpunkt des Romans "Weit weg von Verona" steht eine 13-Jährige, die Schriftstellerin werden möchte. Sie spricht gern wie Shakespeare in Versen und sagt immer die Wahrheit. Die Figur stammt aus der Feder der englischen Bestsellerautorin Jane Gardam.
Gerade ist sie 90 Jahre alt geworden. Die englische Bestsellerautorin wurde bei uns spät entdeckt, jetzt liegt ihr Erstlingsroman aus dem Jahr 1971 zum ersten Mal auf Deutsch vor: Im Zentrum steht eine hinreißende junge Heldin.
"Man darf nicht alles glauben, was man in Büchern über junge Mädchen liest." Dieser Satz könnte als Motto über dieser "Coming of Age"-Geschichte stehen. Jessica wird dreizehn und spricht ("wie Shakespeare") gerne in Blankversen, sie ist nicht besonders beliebt ("Also, um es ganz ehrlich zu sagen, ziemlich viele Leute können mich absolut nicht leiden."), langweilt sich in der Schule, sagt aus Prinzip immer die Wahrheit und – vor allem möchte sie Schriftstellerin werden. Nein, sie ist überzeugt davon, dass sie Schriftstellerin werden wird.
Ihre Kindheit ist überschattet vom Krieg und den Luftangriffen der Deutschen auf die englische Küste. Ihr Vater ist ein spätberufener Geistlicher und Amateurphilosoph, die viel beschäftigte Mutter keine besonders gute Hausfrau und der kleine Bruder eine Nervensäge. Geld gibt es nie genug in dieser Familie. Aber: "Die Kindheit ist sowieso eine schreckliche Zeit."

Sie will alle englischen Klassiker lesen

Jessica liebt den Lesesaal der Bücherei, in den sie jeden Nachmittag geht und verschlingt dort maßlos und begeistert Lesestoff. Sie will alle englischen Klassiker lesen und verzweifelt, weil sie nicht schneller vorankommt: "Wenn Sie ein englischer Klassiker werden möchten, empfiehlt es sich, im vorderen Teil des Alphabets zu stehen. Es gibt jede Menge A und B und D, das geht weiter bis ungefähr H. Dann kommt kaum noch was, bis man zu Leuten wie Richardson, Scott oder Thackeray kommt. Es ist ein bisschen deprimierend, man hat das Gefühl, man kommt gar nicht voran, wenn man nach einem Monat erst bei den Brontes ist und sieht, wie viel Dickens da auf einen zukommt."
Jane Gardam erzählt mitreißend und genau vom Leben einer Heranwachsenden, ihren Träumen und Ängsten, der ersten Liebe und andauernden Konflikten. Ihre Heldin ist ein waches und mutiges Mädchen, das sich nicht einschüchtern lässt, das ungewöhnlich liberale Eltern hat und am Ende über ihre ignorante Englisch-Lehrerin aufs Schönste obsiegt.

Jane Gardam: "Weit weg von Verona"
Aus dem Englischen von Isabel Bogdan
Verlag Hanser Berlin, 2018
240 Seiten, 22,00 Euro

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