JaKönigJa: "Emanzipation im Wald"

Schwubbelige Klänge, verkopfte Texte

Der "Golden Pudel Club" im Stadtteil St. Pauli (Vor dem Brand): Hier fing für JaKönigJa alles an.
Der "Golden Pudel Club" im Stadtteil St. Pauli (Vor dem Brand): Hier fing für JaKönigJa alles an. © picture alliance / dpa / Bodo Marks
Von Ina Plodroch · 29.07.2016
Sie waren nie so bekannt wie einige andere "Hamburger Schule"-Bands: JaKönigJa. Vielleicht weil sie verkopfter klingen als die anderen oder einen anderen Sound spielten. Bei ihrem Sound sind JaKönigJa geblieben - auch auf ihrem Album "Emanzipation im Wald".
"Woher kommst du?"
Fragt Ebba Durstewitz immer wieder auf dem neuen Album "Emanzipation im Wald" ihrer Band JaKönigJa. Acht Jahre hat es gedauert und fast hätte man vergessen, dass es diese Hamburger Band noch gibt.
Jakobus Durstewitz: "Es hat so lange gedauert, weil wir nebenbei noch tausend andere Sache machen."
Ebba Durstewitz: "Müssen."
Sagt Ebba Durstewitz, die Frau und Bandkollegin von Jakobus Durstewitz. Er hat noch das Techno-Projekt "Die Vögel", sie ist Autorin für verschiedene Magazine und in Pop-Kunst-Projekte eingebunden. Und Marco Dreckkötter, Perkussionist bei JaKönigJa, ist Filmkomponist. Viel Zeit bleibt da nicht.
Ebba D.: "Es ist glaube ich einfach so, dass wenn man halt nicht davon leben kann, vom Musikmachen, dann wird das mit dem Alter schwerer, sich da aus den anderen Verpflichtungen zu befreien. Das ist ein Grund, da sind die Jahre schnell rum."
Gut 20 Jahre nach Bandgründung scheint es nicht mehr so leicht wie damals, als JaKönigJa im Dunstkreis aber nie im Klangkreis der Hamburger Schule musizierte und Hausband des Golden Pudel Club war.

Flucht aus dem Mainstream

Auf den ersten Blick scheint "Emanzipation im Wald" wie ein Fluchtalbum: Flucht aus dem Mainstream-Pop und Indie-Deutschrock, Flucht aus der Stadt mit all den Polar-, Pflanzen und Wald-Songs.
Jakobus D.: "Zufällig fiel es damit zusammen, dass wir aus der Stadt weggezogen sind. Aus der Stadt aufs Land, aber der Titel stand vorher schon fest. Es geht eher darum, sich Räume zu erschließen: Land, Wiese, Turnhalle, Atelier."
Ebba D.: "Wenn man es Jahrelang gewohnt ist: Miete wird teurer, wo soll man hin, wo gehe ich hin, wo kann ich noch hingehen? Ich glaube, dass es einen nach so einer Ortssuche drängt. Aber nur implizit, nicht explizit wie 'Wohin sind wir gekommen, Fuck Gentrifizierung.' Das wären ja auch nicht wir, wenn wir explizit texten."
Ebba Durstewitz begegnet der deutschen Sprache wie kaum eine andere. Die Texte ergeben bei jedem Hören je nach eigener Stimmung einen anderen Sinn. Sie können also auch verwirren. Selbst Jakobus Durstewitz ist sich manchmal nicht ganz sicher, was seine Frau meinen könnte.

Die Zukunft gehört dem Pferd

Jakobus D.: "Da wäre ich selber nie drauf gekommen, habe was anderes interpretiert, das Lied 'Woher kommst Du'. Was man als Liebeslied deuten könnte. Und Ebba dann mal erzählte: Nein, es geht um die Musik und Kunst. Woher kommt sie."
Ebba D.: "Aber das ist auch egal. Ich glaube schon sehr an die Autonomie von Texten."
Was für den Hörer herausfordernd sein kann, weil dieses Implizite und diese ungewohnte Formulierungen von Packeis, der Zukunft, die dem Pferd gehört, oder spukhaften Fernwirkungen sich einfach nicht erschließen wollen. Doch zwischen diesen seltsam entrückten Texten zieht die Musik den Hörer schwebend davon.
Jakobus D: "Spiegelt sich in der Musik auch wieder, ein bißchen dur/moll, wechseln Tonart. Haben auch gerne mal eine Sekunde drin, das klingt schief. wir sind da musikalisch auch ein bißchen schwubbelig. Geschwubbelt nennen wir das, das wird bei uns groß geschrieben."

Zu anstrengend für Popmusik

JaKönigJa haben Mut zum Leiern, zu schiefen Klängen und zur Reduzierung. Die Songs klingen sehr durchlässig – keine zehn verschiedenen Klängen, die sich überlagern, kein Wall of Sound oder komprimierter Pop-Sound. Vielleicht weil sie auf ein Schlagzeug verzichtet haben und lieber auf verhallte Percussion setzen, Sounds rückwärts abspielen und die Streicher nur minimalistisch einsetzen und ihre 70er-Jahre Anleihen nicht mit stumpfer Retro-Vinyl-Knister-Ästhetik aufbauschen.
Jakobus D.: "Da wird dann sehr viel aufgestapelt im Studio, dann wird wieder weggenommen. Tausende Ideen, wahnsinnig gute alle, noch ne achte Stimme drauf. Manchmal fliegt dann sogar das Basisinstrument raus, um da mehr Luft zu bekommen in der Musik."
Oder aber: mehr Raum. Denn darum geht es auf "Emanzipation im Wald" in jeglicher Hinsicht. Das ist manchmal verkopft und eigentlich etwas zu anstrengend für Popmusik, aber gerade das macht den Reiz dieses Albums aus.
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