Jair Bolsonaro

Was von Brasiliens neuem Präsidenten zu erwarten ist

Das Foto zeigt den brasilianischen Politiker Jair Bolsonaro.
Homophob und minderheitenfeindlich: Gesellschaftspolitisch fährt Brasiliens designierter Präsident Jair Bolsonaro einen Hardliner-Kurs. © dpa-Bildfunk / AP / Pool Reuters / Ricardo Moraes
Paula Diehl im Gespräch mit Julius Stucke · 02.11.2018
Das einst liberale Brasilien gerät mehr und mehr unter den Einfluss der Evangelikalen - zum Nachteil von Minderheiten wie Homosexuellen. Der neue Präsident sei selbst mit einer Evangelikalen verheiratet und habe die Unterstützung der Kirche, sagt Paula Diehl.
Brasiliens neu gewählter Präsident Jair Bolsonaro nennt sich selbst den brasilianischen Trump - und auch in seiner Politik scheint er seinem Vorbild folgen zu wollen: So will Bolsonaro etwa die brasilianische Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen, wie er am Freitag ankündigte.
Auch darüberhinaus gibt es offenbar Kontakte zwischen Bolsonaro und dem rechtspopulistischen Lager in den USA: "Im Hintergrund seiner Beratung steht sein jüngster Sohn, der auch im Stadtrat von Rio de Janeiro ist. Und er hat wiederum sehr enge Beziehungen zu Stephen Bannon", sagt die Politikwissenschaftlerin Paula Diehl von der Universität Bielefeld, die in Brasilien geboren und aufgewachsen ist. Trumps Ex-Berater Bannon habe auch mehrere Gespräche mit dem Team von Bolsonaro geführt.

Bolsonaros Wirtschaftspolitik wird neoliberal sein

Diehl zufolge hat Bolsonaro bereits einige politische Ziele deutlich gemacht, die von seiner Präsidentschaft zu erwarten sind. In der Bildung etwa stelle er sich eine "Schule ohne Partei" vor, also eine ideologiefreie Schule. "Aber das, was Bolsonaro unter Ideologie versteht, beschreibt er als Marxismus und Gender Studies. Das heißt, diese Bereiche sollten gestrichen werden."
Klar sei auch, dass Bolsonaro eine neoliberale Wirtschaftspolitik verfolgen werde. Außerdem habe er der Opposition gedroht: So habe er "ganz deutlich" gesagt, dass Oppositionelle, vor allem die Anhänger der Arbeiterpartei, schnell aus dem Land gehen sollten, weil sie sonst im Gefängnis landen würden, sagt Diehl.
Porträtaufnahme der Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin Paula Diehl
Die Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin Paula Diehl.© picture alliance / dpa / Robert B. Fishman

"Ein absolut gespaltenes Land"

Brasilien sei derzeit ein absolut gespaltenes Land, meint Diehl. So habe Brasilien nach der Diktatur Ende der 1980er-Jahre eine sehr fortschrittliche Verfassung gehabt, vor allem was Zivilrechte angeht. Ehe und dauerhafte Lebensgemeinschaft seien gleichgestellt gewesen. "Das galt auch für Homosexuelle." Inzwischen spielten die evangelikalen Kirchen jedoch eine große Rolle und setzten sich für ein anderes Geschlechterverständnis ein: "Und zwar rückwärts", betont die Politikwissenschaftlerin. "Bolsonaro selbst ist mit einer Frau verheiratet, die Evangelikale ist, und hat die Unterstützung der Kirche zusammen mit der Unterstützung der Militärs."
(uko)
Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Teaser wegen einer fehlerhaften Formulierung korrigiert.

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Paula Diehl" können Sie hier nachhören: Audio Player

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