Ivan Nagel: Patriotismus mit Faschingselementen ist erfreulich

28.06.2006
Der Theaterkritiker, Intendant und Essayist Ivan Nagel hat Verständnis für die Präsenz deutscher Fahnen im derzeitigen Fußballfieber gezeigt. Patriotismus, solange er Elemente des Faschings trage, sei eine erfreuliche Erscheinung, sagte Nagel im Deutschlandradio Kultur. "Ich finde es lustig, solange es nicht nur die deutsche Fahne ist", äußerte er. Ihm seien die Restaurants am liebsten, in denen die Fahnen mehrerer Länder auf den Tischen stehen würden.
Nagel, der heute seinen 75. Geburtstag feiert, plädierte für eine offene Haltung der Gesellschaft gegenüber Migranten: "Ich glaube, dass man wieder zu einer vernünftigeren Einstellung kommen sollte", erklärte er. Die Gesellschaft sollte von der fremden Begabung, der Mischung der Kulturen und dem besonderen Ehrgeiz der Migranten mehr Gebrauch machen.

Kritisch äußerte sich Nagel über das Gegenwartstheater, das eine schwierige Zeit durchlebe. In den sechziger und siebziger Jahren hätten Publikum, Künstler und Kritik sehr viel vom Theater erwartet. Das sei heute nicht mehr so, weil die Theatermacher selbst nicht mehr an ihr Medium glaubten. "Man muss erst mal das Selbstvertrauen haben, dass man Wichtiges zu sagen hat und dass man alles dransetzen muss, um dieses Wichtige in sich zu finden und dann in Kunst zu verwandeln", sagte Nagel.