"Italia criminale"

Von Maike Albath · 29.03.2005
Wir können aufatmen: Inmitten des italienischen Behördendschungels, der Schmiergeldaffären und mafiosen Vernetzungen bis in die Regierungsspitze haben einige Bürger die Gerechtigkeit zu ihrer Sache gemacht. Unverdrossen begeben sich Commissario Montalbano und seine Kollegen Spotorno, De Luca und Laurenti auf die Fährte skrupelloser Gegner des Rechtsstaats. Die Sache hat nur einen Haken: diese leidenschaftlichen Moralisten sind allesamt erfunden. Eine Krimiwoge hat Italien erfasst und eine Renaissance des Genres eingeleitet.
An der Spitze dieser Bewegung steht der Sizilianer Andrea Camilleri mit seinem schwermütigen Commissario Montalbano. Die Millionenauflagen seiner Bücher im In- und Ausland haben das kleine Verlagshaus Sellerio in Palermo saniert und seinem Helden zu ungeahnter Publizität verholfen: Inzwischen beschloss man in dem Küstenstädtchen Porto Empedocle, wo der gebeutelte Polizist Jahr um Jahr im Widerstreit mit den Behörden Verbrechen aufklärt, den von Camilleri erfundenen Namen Vigàta anzunehmen - Porto Empedocle-Vigàta ist jetzt auf dem Ortsschild zu lesen.

Santo Piazzese, gebürtiger Palermitaner und im bürgerlichen Leben Biologe, schickt seinen Kommissar in die mafiaverseuchten Vororte und entwirft zugleich ein bestechendes Porträt der sizilianischen Metropole.

Eine Variante mit historischer Tiefenschärfe liefert der bolognesische Schriftsteller Carlo Lucarelli: seine Krimiserie mit dem magenkranken Commissario De Luca, graugesichtig und immer in einen Regenmantel gehüllt, spielt in einem detailliert recherchierten Bologna der 40er Jahre.

Die Amerikanerin Donna Leon ließ aus Gründen der Diskretion ihre venezianischen Krimis nie ins Italienische übersetzen, aber ein anderer Ausländer feiert in Italien große Erfolge. Der ehemalige Geschäftsführer des Berlin-Verlages Veit Heinichen hat seine Wahlheimat Triest zur Drehscheibe krimineller Machenschaften erhoben: Hier deckt sein Polizist Proteo Laurenti internationale Verbrechen auf.