Istanbul und der Terror

"Wir leben mit einer gewissen Paranoia"

Sicherheitskräfte stehen vor dem türkischen Promi-Club "Reina". Ein Attentäter hatte dort mit einem Gewehr 39 Menschen erschossen.
Sicherheitskräfte stehen vor dem türkischen Promi-Club "Reina". Ein Attentäter hatte dort mit einem Gewehr 39 Menschen erschossen. © MAXPPP
Cigdem Akyol im Gespräch mit Dieter Kassel · 02.01.2017
Die deutsch-türkische Journalistin und Autorin Cigdem Akyol lebt in Istanbul in der Nähe des Taksim-Platzes. In unserem Gespräch schildert sie, wie sich der Alltag in der türkischen Metropole durch die ständige Terrorgefahr verändert hat.
Keine zwei Stunden war das neue Jahr alt, da erschütterte bereits ein Terroranschlag die Türkei. Wieder traf es Istanbul. Dort lebt die deutsch-türkische Journalistin und Autorin Cigdem Akyol seit einigen Jahren. Und offenbar begegnet man in der türkischen Millionenmetropole der Terrorgefahr mit einer Mischung aus Fatalismus und Paranoia.
"Die Türken leben ja schon seit rund eineinhalb Jahren jenseits der Schmerzgrenze", sagt Akyol im Deutschlandradio Kultur. "Vor der Neujahrsnacht haben wir immer wieder Terrorwarnungen bekommen von ausländischen Botschaften, unter anderem von der US-amerikanischen Botschaft. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden wieder verstärkt, rund 17.000 Beamte waren zusätzlich in Istanbul im Einsatz. Wir erleben ständig, dass in der Metro Kontrollen durchgeführt werden. Das heißt, wir leben in der ständigen Angst, dass eine Bombe hochgehen kann, wenn wir etwa in einem Supermarkt sind oder mit der Metro fahren. Damit muss man leben in der Türkei."

Bestimmte Situation lassen sich nicht vermeiden

Es gebe im Alltag Situationen, die sich vermeiden ließen, wie zum Beispiel größere Menschenansammlungen aufzusuchen. Anderes lasse sich aber nicht umgehen:
"Ich kann es nicht vermeiden, mit der Metro zu fahren. Ich kann es nicht vermeiden, mit der Fähre zu fahren. Ich kann es nicht vermeiden, in einen großen Supermarkt zu gehen. Das sind alles sensible Anschlagsziele. Das heißt, man muss seinen Alltag eigentlich so weit wie möglich normal weiterführen – mit aber dieser gewissen Paranoia im Nacken."
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