Isolde Hesselbach liebt Tristan Biedermann

Von Wolf-Dieter Peter · 26.07.2005
Die Bayreuther Festspiele wurden am Montag mit Christoph Marthalers Inszenierung der Wagner-Oper "Tristan und Isolde" eröffnet. Überzeugt hat sie nicht: Marthaler und seine Bühnenbildnerin Anna Viebrock ließen alles in Kleinbürger-Mief ersticken und ernteten dafür Buh-Rufe. Nur Dirigent Eiji Oue und Nina Stemme als Isolde erhielten Applaus.
Musik 2. Aufzug, Duett "Ewig, ewig..."

... ewig mag es Bundespräsident Köhler und Portugals Staatspräsident Sampaio und Kroatiens Ministerpräsident Sanader und aller übrigen Polit-Prominenz bis hin zur wirklich Wagner-interessierten CDU-Kandidatin Merkel vorgekommen sein, dieses Nicht-Drama, mit dem die Bayreuther Festspiele eröffneten. Einer versuchte gegenzuhalten: Dirigent Eiji Oue, der Großes wollte:

Oue: "Die Tiefe von Furtwängler, die Dramatik von Karl Böhm, die Leidenschaft von Carlos Kleiber und bei Bernstein dieses alles durchdringende Prinzip Liebe, dieses riesengroße Tradition in mir zusammenzuführen - wenn ich etwas davon zeigen kann, dann habe ich mein Ziel erreicht."

Wohl um diese Tradition zu bewältigen, geriet Oue einiges zu laut, wenn auch frisch zupackend. Bestens behaupten, nein, alles überstrahlen konnte Nina Stemme als Isolde. Rollen-Debütant Robert Dean Smith und der Rest der Besetzung klangen gut, mit Ausnahme von Andreas Schmidts völlig überfordertem Kurwenal.

Unterfordert blieb das Festspielpublikum: Kaum Personenregie, lediglich Arrangements durch Christoph Marthaler, der wie in nahezu allen seinen Inszenierungen abermals sein Kleinbürger- und Debilen-Trauma abzuarbeiten schien. Alles fand statt in Anna Viebrocks ödem Ovalsaal mit teils abgelöster Decofix-Holzklebetapete für den 1. Aufzug.

Dieser Raum fuhr zum 2. Aufzug ein Stockwerk höher, um die große Liebesnachtmusik in einem grässlich maisgelben Raum darunter mit Leuchtröhrenspielen zu garnieren. Für den 3. Aufzug waren beide Räume wieder eins höher gefahren, um Tristan im Keller-Krankenbett zu zeigen, in das sich dann auch Isolde zum Sterben legt.

All das von Kleinbürger-Mief umgeben: Isolde Hesselbach liebt Tristan Biedermann. Figuren ohne Fallhöhe, nur schlicht langweilig, zu Recht ausgebuht. Trist wie das Wetter – wären da nicht Nina Stemmes glutvolle Töne.
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