Islam

Warum Kardinal Meisner die Öffentlichkeit erregt

Von Wiglaf Droste · 01.02.2014
Kardinal Joachim Meisner hat sich in einer umstrittenen Aussage über Muslime zum Wesen seines Glaubens bekannt - und so für erheblichen Wirbel gesorgt. Doch was ist an der Äußerung des 80-Jährigen so überraschend?, fragt Wiglaf Droste.
Manchmal fragt man sich, wo und wann und ob man überhaupt noch lebt. Zum Beispiel dann, wenn mit großer Erregung öffentlich über Religion verhandelt wird, die doch beide, also die Religion wie die Erregung, privater Natur sind.
Da hat sich also ein Katholik alter Schule zum Wesen seines Glaubens bekannt - zu jener organisierten Gemeinheit, die man in Kreisen dieser Art Gemeinde nennt. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner sprach zu einigen zeugungs- und bezeugugungsfähigen Vertretern seines Vereins, lobte sie für diese Fähigkeiten stark und beteuerte, dass er sie lieb habe: "Ich sage immer, eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien."
Was sollte ein 80 Jahre alter Berufskatholik und Funktionär sonst auch sagen? Dass er das Konkurrenzunternehmen Islam und dessen Mitläufer noch dufter fände als den eigenen Haufen? Meisner tat also nichts als seine Arbeit - wenn man Lobbyismus denn als Arbeit bezeichnen möchte. Hinterher war das Geschrei dennoch laut und die Aufgeregtheit groß.
Muslimische Organisationen, hieß es medial, hätten auf Meisners Bemerkung ebenso "fassungslos" reagiert wie Politiker von SPD und Grünen. Was ja nichts anderes bedeutet als dass Leute, die keine Fassung haben, keine Fassung haben. Das kommt bedauerlicherweise vor, auch bei Muslimen, SPDisten und Grünen; nur wen, außer sie selbst, ginge das etwas an?
Katholischen Schwanz eingekniffen
Meisner allerdings kniff den katholischen Schwanz ein und bedauerte öffentlich, dass seine Äußerung Irritationen ausgelöst habe. "Es war keineswegs meine Absicht, Menschen anderen Glaubens damit zu nahe zu treten", versicherte er treuhandherzig.
Dass ein Kirchenmann im vollen Selbstverständnis, also Sichselbstmißverständnis, glaubt, vor Gott seien alle gleich, vor ihm aber selbstverständlich keineswegs, ist nichts Neues, sondern zählt zu den "Werten" genannten Erregungs- und Errungenschaften der gut 2000 Jahre jener "Kultur des Abendlandes."
Aber es gibt auch eine gute Nachricht: In einem Monat ist alles vorbei! Am 28. Februar um 12 Uhr wird folgende Nachricht aus Rom erwartet: "Papst Franziskus nimmt den Rücktritt des 80-jährigen Joachim Kardinal Meisner an."
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