Intersektionalität im Pop

Nur an der Oberfläche fortschrittlich

11:18 Minuten
Nicki Minaj auf der Bühne umrahmt von ihren Tänzerinnen.
Jenseits gängiger Normen: die Rapperin Nicki Minaj. © Getty Images/ Isaac Brekken
Moderation: Gesa Ufer · 09.09.2019
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Pop gibt sich gern progressiv. Doch auch dort wird diskriminiert. Um das zu ändern, seien andere Strukturen notwendig, sagt die Musikjournalistin Aida Baghernejad: Jeder müsse die Bilder im eigenen Kopf aktiv hinterfragen.
Beim diesjährigen Reeperbahnfestival vom 18. bis 21. September wird die Musikjournalistin Aida Baghernejad mit dem Preis für den besten deutschsprachigen musikjournalistischen Beitrag ausgezeichnet: "Ain't I Human - über Macht und Herrschaft, Sichtbarkeit und Repräsentation - und über Intersektionalität im Pop" heißt der Text, eine wütende Anklage über Missstände im Pop.
Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur berichtet die Journalistin, dass ihre Auseinandersetzung mit dem Thema ein gradueller Prozess gewesen sei, der auch mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit und der Beschäftigung mit postkolonialer Theorie zu tun hat. Denn Baghernejad promoviert neben ihrer journalistischen Tätigkeit.

Das Beispiel Nicki Minaj

Für Intersektionalität im Pop – also die Verschränkung von verschiedenen Formen von Diskriminierung an den Achsen Alter, Geschlecht, rassistische Zuschreibung und anderen – gebe es jede Menge Beispiele, so Baghernejad. An denen zeige sich, dass Frauen und Menschen anderer Hautfarbe diskriminiert würden. "Aber wenn das beides zusammenkommt – oder dann noch Aspekte wie Alter, Sexualität oder sexuelle Orientierung – dann wird es richtig kompliziert."
Ein Beispiel für diese verschränkten Diskriminierungen ist der Journalistin zufolge Nicki Minaj, die 2015 mit "Anaconda" ihren bisher größten Hit hatte. Trotzdem der Song ein "kulturelles Ereignis" gewesen sei, sei er nicht ausgezeichnet worden.
Vielmehr sei ihre Kunst nicht ernst genommen, sondern im Gegenteil marginalisiert worden, erklärt Baghernejad. Dies habe unter anderem mit dem Körper von Nicki Minaj zu tun, der nicht den gängigen Normen entspreche.
"Es ist kein Luxus für eine Gesellschaft, sich mit unangenehmen Dingen wie Diskriminierung und intersektionaler Diskriminierung auseinanderzusetzen, sondern unglaublich wichtig für uns. Wir können nur frei sein, wenn alle frei sind. Da muss an ganz vielem gedreht werden. Es braucht Kapital und es müssen Leute gefördert werden, die es schwerer haben in den Strukturen nach vorne zu kommen", so Baghernejad. Gleichzeitig sei es auch die Aufgabe jedes Einzelnen, die tradierten Bilder im Kopf aktiv zu ändern.

Neue Möglichkeiten mit Social Media

Vor allem im Internet werde heute der Kampf gegen Diskriminierung geführt. Dies sei aber zweischneidig, meint Baghernejad. Zum einen seien Social-Media-Kanäle zu Waffen geworden, um progressive Ideen niederzumachen. "Gleichzeitig ist Social Media auch immer mehr der Ort, an dem man sich vernetzen und zusammenfinden kann."
(rzr)
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