Interreligiöser Dialog

Keine Angst voreinander haben

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Können Religionen helfen, das friedlichen Zusammenleben zu fördern? © picture alliance / dpa / Ronald Wittek
Von Klaus Prömpers · 10.05.2016
Wie können Religionen das friedliche Miteinander fördern? Das war Thema einer Podiumsdiskussion von Deutschlandradio und Bertelsmann-Stiftung. Die Antwort ist recht einfach: ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben.
Patentrezepte gibt es keine; das lehrte diese Diskussion. Frieden durch Kreuz und Koran herbeizuführen; wird ein mühsamer Prozess. Der österreichische Theologe und Soziologe Paul Zulehner erinnerte daran, dass schließlich auch das Christentum in der Geschichte immer wieder Unfrieden, ja Kriege produzierte, die jeweils Herrschenden mit Argumenten aufmunitionierte:
"Es gab denselben Krieg einer Religion gegen Religion, vor 500 Jahren nach der Reformation, wo Katholiken und Protestanten in einen Dreißigjährige Krieg, der Syrische dauert noch nicht so lange, aber in einen mindestens so brutalen Dreißigjährigen Krieg bis zu 70% der Bevölkerung ausgerottet hat. Frieden ist erst geworden durch die Trennung der religiösen Macht von der politischen Macht."
Man könnte die Reihe fortsetzen. So gesehen steht der der Islam zur Zeit vor ähnlichen Problemen, wie einst das Christentum.
Man könne die religiöse Situation der Menschen nicht von deren sozialer Situation trennen. Mancher Konflikt, der religiös überhöht wird, entsteht aus sozialer Ungleichheit, aus Demütigung. Dies bewusst zu machen, sei der erste Schritt, Religion als Beitrag zu einer friedlicheren Welt zu verstehen.
Dazu müsse dann noch kommen, die religiösen Texte aus ihrem jeweiligen geschichtlichen Zusammenhang zu interpretieren, zu den Wurzeln der Religion vorzustoßen.

Miteinander sprechen

Die in Berlin lebende türkischstämmige Journalistin Hatice Akyün kleidete ihre Hoffnung auf ein friedliches Miteinander in den Appell:
"Natürlich dürfen die Muslime ihre Religion ausleben in diesem Land. Natürlich haben wir eine Religionsfreiheit. Das ist auch richtig und das sind die Fundamente unseres Grundgesetzes."
Alle Teilnehmer berichteten von konkreten Beispielen in ihrem Lebensumfeld, wo klar wurde: miteinander sprechen kann zu Verstehen und dann auch zu Toleranz führen.
Österreichs Ex Außenminister Spindelegger berichtete aus seiner Heimatgemeinde:
"In meiner Gemeinde, wo ich lebe, etwa 5000 Einwohner, hat die katholische Kirche im Pfarrhaus eine Familie aus Afghanistan aufgenommen. Die Diskussion im Ort war: 'schrecklich, jetzt sind die auch schon bei uns!'. Die Auseinandersetzung mit denen, nämlich in einer Veranstaltung, die die Pfarrei gemeinsam mit der Gemeinde organisiert hat, wo viele Bürger auch des Ortes dort waren, hat die Wende gebracht. Weil dann, wenn man sich nämlich auseinandersetzt mit dem Schicksal von einem anderen Menschen, schaut die Sache ganz anders aus. Und dann beginnt’s auch anders zu werden. Und dann beginnt's auch, angreifbar zu werden. Da hab ich noch nicht alle überzeugt."

Ein Haus für drei Religionen

Die Begegnung alleine ist keine Garantie für besseres Verständnis, aber sie hilft, Vorurteile abzubauen und die religiösen Unterschiede in Praxis und Kultur besser zu verstehen. Diesem Ziel dienen auch Pläne in Berlin, die der evangelische Landesbischof Markus Dröge einbrachte :
"Da erlebe ich natürlich in Berlin jetzt auch interreligiös, auch mit Muslimen und Juden, dass wir ungeheuer etwas auf die Beine stellen, und genau weil wir schon alle miteinander spüren, wir sind als religiöse Menschen inzwischen auf dem Prüfstand, dass wir miteinander sagen, wir müssen etwas zeigen, wie die Friedenskraft der Religionen miteinander möglich sind. Und da ist das 'Haus of One' eines, wo wir ein Haus bauen, wo drei verschiedene geistliche Zentren sein sollen, für Juden, Christen und Muslime, und in der Mitte ein freier Begegnungsraum, wo erst noch entstehen soll, was man miteinander machen kann."
Noch fehlt es ein wenig an Geld , um diese Pläne Realität werden zu lassen. Aus vielen Beispielen kann aber über einen längeren Zeitraum Zusammenleben gelingen.

Angst ist Auslöser von Ablehnung

Angst sei häufig der Auslöser von Ablehnung, so Theologe Paul Zulehner. Er hat gerade eine Studie fertig gestellt:
"Je mehr Angst jemand hat, um so mehr geht er in die Richtung Abwehr und Hetze. Je weniger Angst einer hat, um so mehr ist er bereit, sich zu verausgaben, zu helfen, sich zu integrieren.
So ist eigentlich die Schlüsselfrage der Kultur heute, die ja eine Kultur der Angst ist bei uns, und eine Politik der Angst verstärkt das dann noch: Wie könnte es in diesem Land gelingen, angesichts der Menschen, die jetzt hier sind, dass wir sozusagen immer weniger Angst haben in unserem Land und mehr Vertrauen lernen?"
Das Spannungsfeld zwischen Politik und Religion nicht weiter zum Aufmarschplatz für Fremdenfeindlichkeit und Ablehnung werden zu lassen, daran müssen beide Seiten weiter hart arbeiten. Eine Portion Hoffnung könne man allerdings auch aus der Geschichte der Religionen mitnehmen.
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