Internet und Schreiben

Ein Plädoyer für Netzliteratur

10:50 Minuten
Kathrin Passig steht vor einer dunklen Wand und schaut freundlich in die Kamera.
Wünscht sich mehr Neugier in Bezug auf das Internet und seine Möglichkeiten: Autorin Kathrin Passig. © Norman Posselt
Kathrin Passig im Gespräch mit Joachim Scholl · 04.07.2019
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Wie passen Literatur und Internet zusammen, fragt Kathrin Passig in ihrem Buch "Vielleicht ist das neu und erfreulich". Die Autorin und Gründerin der "Zentralen Intelligenz Agentur" wirbt für mehr Begeisterung und Geduld in Bezug auf neue Literaturformen im Netz.
Ein Video, das vor Jahren im Internet die Runde machte, zeigt ein Eichhörnchen, das vergeblich versucht, eine Walnuss im Fell eines Hundes zu vergraben. Der Hund ist zwar geduldig, aber die Nuss rutscht trotz allem immer wieder raus.
Ähnlich verhalte es sich mit der Literatur und dem Internet, meint die Journalistin, Bestsellerautorin, Kolumnistin und Gründerin der "Zentralen Intelligenz Agentur" Kathrin Passig. Die Schriftsteller mögen noch so dringlich versuchen, das Internet in der einen oder anderen Form zu nutzen, so recht will es ihr zufolge nicht klappen.

Werben für mehr Internet-Begeisterung

Genau darum geht es auch in Passigs neuem Essayband "Vielleicht ist das neu und erfreulich", der auf drei Vorträgen der Netz-Vordenkerin basiert – und unter anderem für eine positivere Einstellung des Literaturbetriebs gegenüber dem Internet wirbt.
"Ich bin leider sehr oft bei Veranstaltungen, in denen das Internet im Wesentlichen zum Teufel gewünscht wird", sagt Passig: "Aber ich stelle mir vor, dass es irgendwo eine Parallelwelt gibt, in der es Veranstaltungen gibt, in denen auch über die positiven Seiten des Internets geredet wird und ich werde dazu einfach nur nie eingeladen."

Das gedruckte Buch wird nach wie vor geschätzt

Das Internet habe längst die Rahmenbedingungen verändert, unter denen Literatur entstehe, sagte Passig im Deutschlandfunk Kultur: "Wer macht das überhaupt, unter welchen Bedingungen entsteht das, was erwarten sich Leute, die das tun, davon? Also, der gesamte Fanfiction-Bereich, das passiert ja unbezahlt."
Dabei schreiben Liebhaber eines Werkes dies weiter und greifen auf die Protagonisten und Welten des Originals zurück. Passig betont, dass dies nicht aus kommerziellem Interesse geschehe. "Die Leute machen das ja nicht mit Erwartung auf das große Buchhonorar."
Obgleich die Literaturformen, die Arbeits- und Produktionsbedingungen sich also schon lange durch das Internet verändert hätten, besitze das gedruckte Buch nach wie vor einen "ganz anderen Status" als digital Veröffentlichtes, meint Passig: "Das Buch ist wie ein Henkel, an dem man die Idee besser greifen kann."
Insofern ist es auch nur folgerichtig und kein Wunder, dass Passigs Vorträge nun auch gedruckt erhältlich sind.
(lkn)
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