Interbau 1957

Von Adolf Stock · 06.07.2007
Bis zu den schweren Luftangriffen im November 1943 prägten bürgerliche Wohnhäuser im Stil des Historismus das Bild des Berliner Hansaviertels. Als 1955 der Berliner Senat über die Neuerrichtung dieses zerstörten Stadtteils im Bezirk Tiergarten entschied, wollte man die Planung auch als einen Gegenentwurf zur Ostberliner Stalinallee verstanden wissen.
Im Zuge der Internationalen Bauausstellung Berlin 1957 wurde der Aufbau des Hansaviertels bis 1960 unter der Leitung des Architekten Otto Bartning und der Beteiligung namhafter Architekten aus dem In- und Ausland durchgeführt.

"Die Stadt Berlin begrüßt die Ausstellung mit besonderer und stolzer Freude. Sie ist glücklich über das Geschenk eines einzigartigen neuen Stadtviertels. Sie ist stolz, mit diesem kühnen Experiment der internationalen Bauwelt einen Beitrag von geistigem Rang liefern zu können. Sie ist überzeugt, dass die Ausstellung intensiv nach dem Osten ausstrahlen und die Leistungen der westlichen Welt beweisen wird."

Geradezu pathetisch eröffnete Berlins Regierender Bürgermeister Otto Suhr vor 50 Jahren die Berliner Interbau. Am Rande des Tiergartens war ein ganz neuer Stadtteil im Entstehen. Ein Drittel der geplanten Wohnungen war fertig, die anderen wurden gerade gebaut.

Im alten Hansaviertel standen Häuser aus dem späten 19. Jahrhundert. Mit seinen repräsentativen Mietshäusern und Villen gehörte das Viertel zu den besten Adressen der Stadt. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstörten fast alles, und es dauerte Jahre, bis die letzten Trümmerreste beseitigt waren, dann wurde ein Wettbewerb für die Neubebauung ausgeschrieben. Im Juli 1957 war es soweit: Die Interbau konnte eröffnet werden. Als Bauausstellung im Werden sollte sie über die Möglichkeiten des modernen Wohnungsbaus informieren. Zur Eröffnung spielte das Radio Symphonieorchester eine Auftragskomposition von Max Baumann.

Tradition war verpönt, die Stadtplaner und Architekten nutzten die Chance für einen radikalen Neuanfang. Pierre Vago, der aus Budapest kam, aber nun in der französischen Hauptstadt lebte, gehörte zu den international anerkannter Architekten, die im Hansaviertel bauen durften. Als Mitglied der Akademie der Künste war er bis zu seinem Tod 2001 häufig Gast im Hansaviertel und behielt die Entwicklung der Siedlung im Auge.

"Ich denke immer, wo möchte ich eventuell leben, und im Hansaviertel möchte ich gerne leben. Ich finde noch immer, dass es ein sehr gutes Beispiel ist. Es gibt wenig solche, sagen wir, Einheiten, Wohneinheiten, die noch immer so angenehm sind wie diese. Natürlich ist es vielleicht auch ein Luxus. Die Dichte ist nicht sehr groß, und die Natur ist so schön."

Nach dem Krieg wurde Berlin von den Siegermächten aufgeteilt und zum Spielball machtpolitischer Interessen. Im Ost- und Westteil der Stadt gab es ambitionierte Aufbauprogramme, um die Wohnungsnot zu lindern. In Ost-Berlin wurde die Stalinallee – eine großstädtische Magistrale mit feudalen Arbeiterpalästen – zum viel diskutierten Prestigeobjekt. Bald darauf begann die Planung für die West-Berliner Interbau. Sie wollte eine städtebauliche Antwort auf das sozialistische Bauprogramm im Osten geben. Ein größerer Gegensatz als die axiale Stalinallee und die bebaute Parklandschaft im Hansaviertel war kaum denkbar. Doch das bot nur Leuten vom Fach Anlass zum Streit. An ideologischen oder bautechnischen Fragen waren das Gros der Besucher gar nicht interessiert. Stattdessen fuhren sie Sessellift oder stürmten die attraktiven Musterwohnungen, was den West-Berliner Bausenator Rolf Schwendler irritierte.

"Der Strom im Hansaviertel, der entspricht leider nicht ganz unseren Erwartungen, sondern die Besucher stürzen sich gleich auf die eingerichteten Wohnungen und all den Objekten. Und wir würden es an sich viel lieber sehen, wenn sie sich auch die anderen interessanten Objekte ansehen würden."

In der Ausstellung "Die Stadt von morgen" wurde die funktionsgerechte Stadt propagiert. In Sonderschauen waren die teilnehmenden Länder vertreten. Frankreich zeigte den Wiederaufbau der kriegszerstörten Stadt Le Havre, und Brasilien präsentierte die Pläne für seine neue Hauptstadt Brasilia. Auch bundesdeutsche Städte stellten ihre Stadtplanung und ihre Nachkriegsbauten vor.

Im Hansaviertel wurden über 1200 neue Wohnungen gebaut. Die Architekten kamen aus Berlin, dem Bundesgebiet und aus dem westlichen Ausland. 24 ausländische Architekten, unter ihnen Walter Gropius, Alvar Aalto, Oscar Niemeyer und Arne Jacobsen waren mit dabei. Alle standen für einen modernen Städtebau, wie ihn die Charta von Athen schon 1933 gefordert hatte.

Die Bauhistorikerin Gabi Dolff sprach Ende der 90er Jahre oft mit Pierre Vago, als sie für ihr Buch über das Hansaviertel recherchierte. Dabei ging es auch um die Planungsgeschichte der Interbau.

"Das war eine Riesenchance für mich, weil Pierre Vago sich ungeheuer genau erinnert. Er konnte mir beispielsweise auch über die Architektentreffen der internationalen Mannschaft, die dort die Interbau mitgebaut hat, erzählen, wie sie vereinbart hatten, die deutschen Kollegen nicht über ihre unmittelbare Vergangenheit zu befragen. Denn das Ziel war, sich miteinander der Zukunft zuzuwenden und nicht ganz genau erfahren zu wollen, wer wann wo war während der Kriegszeit und der NS-Zeit."

Der Nationalsozialismus durfte kein Thema sein. Die Stadtplaner und Architekten wollten nach vorne blicken, und die Interbau sollte ein gut sichtbares Zeichen für die neu errungene Freiheit sein.

"Die Idee, gute Architekten aus mehreren Ländern einzuladen, und dort etwas zu zeigen, war eine richtige Idee. Der Gesamtplan war auch ganz schön, landschaftlich. Jetzt, was ich denke, das ist mein Gefühl seit langem schon, dass die eingeladenen Architekten nicht das Beste gemacht haben, was sie machen sollten und konnten. Sie haben ein Stück Architektur gemacht, manchmal sogar schon fertige Pläne hergebracht, und sie haben nie eine gesamte Beratung, eine Diskussion über das Ganze, das Problem des Ganzen, dass das fehlte."

Pierre Vago erinnert sich. Jeder Architekt wurde mit einer speziellen Bauaufgabe betraut. Es entstanden Punkt- und Scheibenhäuser, eine Siedlung mit Eigenheimen, zwei Kirchen und öffentlich Bauten. Der Hansaplatz wurde das Zentrum. Hier gab es Läden und Restaurants, ein Kino und die Bibliothek.

"Mir hat man sehr nett gesagt, hier ist ein Platz, hier ist so etwas, so eine Form ungefähr, bitte mach es. Na ja, es soll nicht mehr als das kosten, und das sind die deutschen Normen und Regeln. Gut, dann habe ich in meinem Büro in Paris etwas geplant und das haben auch die anderen gemacht. Aber ich wusste nicht, was man neben mir baut."

Die Bauausstellung wurde zur beeindruckenden Leistungsschau der westlichen Moderne. Am Abend vor der Eröffnung malte ein Rias-Reporter ein stimmungsvolles Bild.

"Fahnen aller Nationen flattern in der leichten Mitternachtsbrise. Und so als sei es ein Symbol, steht die Siegessäule, mit etwas Rouge, wenn ich im übertragenen Sinne das sagen darf, also in ihrem frischen Gold, mit Scheinwerfern von allen Seiten beleuchtet, als ob sie sagen wollte, Kinder es ist nett von Euch, dass Ihr mich nicht vergessen habt, ich bin ja schließlich hier zuerst gewesen, ich habe ja mein erstes Wohnrecht. Ich schaue jetzt zu Euch hernieder, wie Ihr alle diese schönen modernen neuen Bauten hinstellt."
Der neue Stadtteil hatte mit dem alten Gründerzeit-Berlin nichts mehr zu tun. Ein architektonischer Jahrhunderttraum war in Erfüllung gegangen. Hier gab es Licht, Luft und Sonne und jede Menge Grün.

Claudia Lüling ist vor drei Jahren ins Hansaviertel gezogen. Sie ist selbst Architektin und lobt die innovative Leistung ihrer französischen Kollegen, die das Punkthochhaus entworfen haben, in dem sie jetzt wohnt.

"Vom Schnitt her finde ich die Wohnung schon sehr gut. Und ich glaube diese Häuser haben alle von den Wohnungsgrundrissen etwas, was seine Zeit überlebt hat. Ganz im Gegenteil. Also diese Wohnung hat so viel Flexibilität, dass sie für die Bedürfnisse zuzuschneiden war, die man haben wollte. Und wenn Sie durch das Haus hier gehen, da ist jede Wohnung anders, obwohl die Grundfläche immer die gleiche ist. Also da ist schon extrem viel möglich, und das finde ich schon gut. Also das bringt auch die Qualität über die 50 Jahre hinweg."

Gut durchdachte Grundrisse finden sich fast in jedem Haus. Die Bewohner konnten die Räume nach ihren individuellen Bedürfnissen gestalten, weil es keine tragenden Wände gibt. Im Schwedenhaus von Sten Samuelson und Fritz Jeanecke gab es im Erdgeschoss Läden, Büros und eine Milchbar. Die Wohnungen in dem zehnstöckigen Scheibenhaus boten auch Platz für größere Familien. Wohnküche, Bad und Schlafzimmer entsprachen den großzügigen Standards, die damals in dem skandinavischen Land für den öffentlichen Wohnungsbau galten. Im Juli 1957 gab der deutsche Wahlschwede Fritz Jaenecke Auskunft.

"Wir haben gerade hier in diesem Haus den Grundriss so variieren können, dass eigentlich alle Wünsche im Rahmen dieser Quadratmeterzahl 90, 95 Quadratmeter wirklich befriedigt werden. Da ist jedes Zimmer für sich abgeteilt, aber auch diese Zimmer sind fast alle so gemacht, dass sie variiert werden können."

Eine der berühmten Wohnmaschinen von Le Corbusier gehörte auch zum Programm der Interbau. Sie steht nicht im Hansaviertel, sondern auf einer kleinen Anhöhe beim Berliner Olympiastadion, weil das riesige Gebäude mit seinen 530 Wohnungen im Tiergarten gar keinen Platz gefunden hätte. Wie ein Ozeandampfer auf hoher See versucht es erst gar nicht, eine Beziehung zur Stadt aufzunehmen. Eine Architektur, die Pierre Vago sehr streng kritisiert.

"Also die Wohnungen, die er baute, finde ich ganz schlecht. Sie sind ganz schlecht, weil zu schmal, zu niedrig, und plötzlich kommt ein kleines Wohnzimmer, viel zu hoch. Das System, dass man einen 130 Meter langen Korridor ohne Fenster ohne nichts … und darauf öffnen sich die Wohnungen, das ist auch ein Absurdum. Das ist alles immer schmutzig, die Kinder spielen dort und machen ihre kleinen Sachen, es stinkt, es ist wirklich ganz schlecht. Ich finde das wirklich, das ist vielleicht schön, ein schönes Stück, ein riesiges Stück Skulptur, aber zum Leben ist es ganz schlecht."

Bei seinem eigenen Haus im Hansaviertel hat sich Pierre Vago um eine andere, menschenfreundlichere Architektur bemüht.

"Ja, also ich probierte das natürlich, darum habe ich solche Treffpunkte geschaffen, aber nicht wie Le Corbusier oder Niemeyer eine Ebene für Geschäfte, das hat nie und nirgends funktioniert, das ist ganz tot."

Die Wohnungen im Vago-Haus haben ganz unterschiedliche Grundrisse. Man hat nicht nur einen Typus und den mal x, sagt die Bauhistorikerin Gabi Dolff.

"Und was das ganz Besondere ist, ist die Gestaltung des Erdgeschosses und der Eingangszone. Das gibt so – sagen wir mal auf der Bergseite des Hauses – kleine Rampen und ganz kurze Antritte bloß, mit denen man auf dem ersten Treppenansatz im Treppenhaus landet und gleich den Aufzug nehmen kann. Ich selbst bin dort mal einer alten Dame begegnet, die schleppte ihr Gemüse nach Hause und erzählte mir, wie angenehm das wäre, dass sie jetzt nicht Treppen steigen muss."

Auch Walter Gropius, Egon Eiermann oder Alvar Aalto haben für ihre Häuser Gemeinschaftsräume geplant. Sie haben nicht funktioniert. Nach den Erfahrungen in der Nazizeit tendierte der Wunsch nach kollektiver Zwangsbeglückung bei den Bewohnern gen Null. Das machte viele der gut gemeinten Ideen schon damals zur Ausschussware. Und jüngere Leute wie Claudia Lüling haben sowieso ein ganz andere Beziehung zum Gemeinschaftsleben.

"Es gibt einen Clubraum, der wird heute nur noch für Eigentümerversammlungen genutzt, so ein klassischer, fast Partyraum. Und daneben gibt es eben oben unterm Dach, als der schönste Raum mit wunderschönen Glaslamellen, Fenstern, Blick in die Abendsonne, eine Waschküche. Das ist unglaublich, da steht eine Heißmangel, da steht alles was sie brauchen, heute nicht mehr brauchen also brauchten, aber das ist immer noch in Betrieb."

Auch intimere Wohnformen wurden auf der Interbau erprobt. Schon in den 30er Jahren war Mies van der Rohe mit seinen Hofhäusern berühmt geworden. Er hatte aus den Häuserwänden die Begrenzungsmauern des Grundstücks gemacht und eine Betonplatte zum Dach erklärt, sagt Annemarie Jaeggi, Leiterin des Berliner Bauhaus Archivs.

"Das ist das Dach, und darunter befindet sich dann das Haus, und es gibt verschiedene Innenhöfe, die unter dieser Platte, unter diesem Dach sich auch noch befinden, und innen drin dann ein kontinuierliches Wechseln von geschlossenem Innenhof, durch den aber dann durchaus Licht herein kam, indem er zum Beispiel auch Wasser mit eingebracht hat, Wasser¬flächen mit Skulpturen, die er in dieser Wasserfläche dann positioniert hat, also ein sehr gewolltes, sehr artifizielles, das natürlich seine Auswirkungen dann auf das sich Einrichten, das Leben in dieser Umgebung mit sich bringt."

Der Architekt Eduard Ludwig hat ähnliche Häuser gebaut. Er war Schüler und Mitarbeiter von Mies van der Rohe am Dessauer Bauhaus. Für das Hansaviertel plante er Einfamilienhäuser in der so genannten Teppichbebauung. Hier lebte das subtile Spiel von Innen und Außen in räumlich bescheideneren Dimensionen noch einmal fort. Gleich nebenan verfolgten seine Kollegen ein ähnliches Konzept.
Von der Straße sind nur Mauern zu sehen, die sich inzwischen hinter üppigem Grün verstecken. Freunde von Claudia Lüling wohnen in so einem Haus.

"Also ich glaube, da kannst du dann wirklich so ganz für dich sein, weil du hast dann einen Außenraum dabei, also dass ist dann wirklich ein ganz in sich so ein Kokon. Also ich meine dann, in einer Dreieinhalb-Millionen-Stadt hast du dein eigenes kleines Reich und dann noch den Park drum herum, also irgendwie, mehr geht ja eigentlich nicht."

Die Atriumhäuser haben helle, offene Räume und ermöglichen dennoch den Rückzug. Merkwürdigerweise leben auch die öffentlichen Gebäude von Werner Düttmann von diesen Gegensätzen. Er entwarf zunächst die Hansabücherei und später das Gebäude für die Akademie der Künste.

Ein Innenhof ist das Zentrum der Bücherei, ein säkularisierter Klosterhof, der den Besuchern Ruhe verspricht. Zwar sind die Fledermaussessel längst ausrangiert, doch ist die Spannung zwischen einer offenen demokratischen Gesinnung und einer fast religiösen Abgeschiedenheit immer noch spürbar. Auch in der Akademie der Künste bilden bepflanzte Innenhöfe kraftvolle Inseln. Um sie herum wurden die einzelnen Gebäudeteile locker aneinanderfügt: Große und kleine Ausstellungsräume, Ateliers zum Wohnen, Büros und zwei Säle mit einer gemeinsamen Bühne, die sich unter einem mehrfach gebrochenen Spitzdach aus Kupfer verbergen.

Berlin-Düttmannsdorf lästerte Schriftsteller Uwe Johnson halb ironisch und halb anerkennend. Diese Architektur wollte das Individuum mit der Gemeinschaft neu versöhnen. Die damals viel strapazierte Floskel von der Demokratie als Bauherr findet hier ihren eigentlichen Kern.

Die Interbau ist kein Stück gewachsene Stadt, sondern ist bis heute eine Bauausstellung, wo die eine Diva der nächsten die Show stehlen will.

"Ich glaube, dass hier in diesem Fall, kann man nicht viel helfen. Das Hansaviertel ist das, was es ist und wie es ist. Und ich glaube nicht, dass man mit dem Zubau etwas ändern kann. Ich meine eben, ihr Fehler ist, dass die Kontakte zwischen den Leuten, den Bewohnern sehr schwer sind. Sie leben in einem angenehmen Rahmen, in der Natur, in Ruhe, haben nicht den Eindruck, dass sie so eine Nummer sind, eine Zahl, es ist ziemlich menschlich, wie man hier einen mehr urbanen Charakter hereinbringen kann, ich glaube das ist nicht möglich, das würde das Ganze zerstören."

Pierre Vago hat Recht, aber das Hansaviertel funktioniert trotzdem sehr gut. Das liegt, sagt Claudia Lüling, vor allem an der guten Lage.

"Das ist ein Stück Stadt, was natürlich insofern eine Insel der Glückseligen, weil es Stadt und Grün verbindet. So gesehen ist das natürlich schon auch nicht nur glückselig, sondern wie so eine Luxuslage, als ob man in New York am Central Park sich ein Grundstück ergattert hätte, aber von daher, also man hat die Stadt ja trotzdem. Für mich ist es ist ein Stück anderer Teil von Stadt."

Fehlen nur noch die Berge und das Meer. Vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße, so hat sich Kurt Tucholsky über die Ansprüche der Berliner lustig gemacht. Als im Sommer 1957 die Sessellifte über den Tiergarten schwebten, war es fast so weit.

"Geht es hier auf den Wank, aufs Kreuzeck oder aufs Nebelhorn? Nein aufs Bellevue. Und schon sind wir auf alpinen Höhen. Und dann kommt der erste Blick auf die Silhouette der Hochhäuser, das Objekt eins von Müller Rehm vor uns mit seinen 15 Stockwerken schon fertig, bezugsfertig eigentlich, dahinter das Objekt von Gropius und das Finnenhaus von Alvar Aalto, und sehr charakteristisch, wenn wir uns jetzt der Überquerung der Straße des 17. Juni nähern, die Kirche, die protestantische Kirche von Professor Lemmer."

Eine Mark fünfzig kostete die Fahrt. Der Sessellift wurde zum Renner der Interbau. Bis heute ist das Hansaviertel eine Erfolgsgeschichte. Aber ganz anders, als es sich die Macher vorgestellt haben. Als Vorbild für den künftigen Städtebau hat die Interbau nie funktioniert. Längst wünscht man sicher wieder die gute alte europäische Stadt. Seit 2001 gehört das Hansaviertel als eigener Ortsteil zum Bezirk Mitte. Nach dem Fall der Mauer wurde das Viertel noch attraktiver. Es ist vom Rand in die Mitte gerückt, und wer die Stadt erleben will, geht einfach ein paar Schritte nach rechts oder links.


Links:
Bürgerverein Hansaviertel
ArchInform: Internationale Bauausstellung Berlin 1957 - Hansaviertel

Literatur:
Gabi Dolff-Bonekämper: Das Hansaviertel. Internationale Nachkriegsmoderne in Berlin. Berlin (Verlag Bauwesen. Berlin) 1999
Stefanie Schulz, Carl-Georg Schulz: Das Hansaviertel. Ikone der Moderne. Berlin (Verlagshaus Braun) 2007