Integrationsprojekt in Malente

Ein Trainer setzt auf Fußball und Bonus-Regeln

05:21 Minuten
Ein Mädchen, in einem roten Trikot, spielt mit einem Jungen, im weißen Trikot, Fußball.
Ein Mädchen und ein Junge spielen gemeinsam Fußball: Auch Jochen Bauer versucht in seinem Projekt, die Teams vielfältig zu mischen. © picture alliance / Arco Images GmbH
Von Thorsten Philipps und Thomas Wheeler · 05.01.2020
Audio herunterladen
Jochen Bauer ist Fußballtrainer mit A-Lizenz. In Malente hat er ein Projekt gestartet, in dem er Kinder mit ganz verschiedenen familiären Hintergründen zu einem Team zusammenschweißen will. Ganz bewusst und gezielt hat er eigene Regeln eingeführt.
Jochen Bauer will die Integration von Kindern durch Sport fördern: Er ist Fußball-Trainer und hat eine A-Lizenz. In Kooperation mit Vereinen und Schulen, sowie mit Hilfe von Sponsoren organisiert er sogenannte Integrationstage.
Dafür hat sich der Trainer spezielle Regeln ausgedacht: "Ok, also, wichtig: Regeln! Die Mannschaft, die nicht foult, fair spielt und sich nicht streitet bekommt ein zusätzliches Tor. Zweite Regel: Wenn zum Beispiel Orange jetzt ein Tor kriegt und ihr schießt innerhalb einer halben Minute selbst ein Tor, dann zählt das doppelt."
Die Kinder sollen so lernen, einen Gegentreffer besser wegzustecken. "Normalerweise ist es ja so", sagt er, "wenn eine Mannschaft ein Tor bekommt, sind immer die Schuldzuweisungen an die anderen, immer sind die anderen Schuld – nie ich selbst."

Der Geist von Malente

Auch ein syrisches Kind ist in diesem Kurs dabei. Der 10-jährige Junge spricht auf dem Schulhof oder in der Freizeit meistens arabisch: "Und warum? Weil manche von meinen Freunden kein Deutsch können."
Auch das will Jochen Bauer durch sein Projekt "Happy Integration Kids" verändern. Er möchte damit auch so etwas wie den vielzitierten "Geist von Malente" beschwören.
Für Schulleiter Carsten Fritz ist seine Gemeinschaftsschule an den Auewiesen in Malente deshalb auch ein guter Ort, um mit dem Projekt in Schleswig-Holstein zu beginnen.
"Es ist natürlich so, dass wir hier noch mal die Möglichkeit haben, Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen, die sich sonst im Schulalltag nicht so sehr über den Weg laufen und wir haben bei der Auswahl darauf geachtet, dass wir eine bunte Mischung haben: aus Jungen und Mädchen, 5. bis 7. Klasse, Flüchtlingshintergrund, integriert, schon im Sportverein, noch nicht im Sportverein. So dass sich die Kinder gegenseitig kennenlernen können", sagt der Schulleiter.
Und zählt weiter auf: "Und dass es so für die Schule und unsere Kinder mehr ein Miteinander gibt und eben auch die Kinder so an die Sportvereine herangeführt werden, das ist auch eine Idee, die dahinter steht. Sie einfach, egal wo sie herkommen, sie einfach hier gut auf das Leben vorzubereiten und so auf diesem Lebensweg zu begleiten."
Ein Kind berichtet: "Ich fand es hier heute sehr gut, auch dass wir hier Freundschaften schließen auch mal Mädchen aus einem anderen Land kennenlernen."
Ein anderes ergänzt: "Ich hatte schon vorher keine Probleme mit denen, also mit den Syrern, ich finde die eigentlich ganz cool, also ich hatte da nie ein Problem mit denen, ich sag mal Moslems."

Kooperation mit Verein und Gemeinde

Jochen Bauer möchte mit seinem Projekt aber vor allem eine nachhaltige Wirkung erzielen. Deshalb gibt es an der Oberschule eine wöchentliche Fußball-AG, die von Lehrer Jannick Holtz begleitet wird. Aber wenn die Kinder im Elternhaus kein Deutsch sprechen, hat "Happy Integration Kids" nur bedingte Aussichten auf Erfolg.
"Dass die Eltern da von den Kindern mitgenommen werden und von den Kindern diesen Integrationsgedanken übernehmen, das hoffe ich natürlich auch", sagt er. "Dass sie sie auch mal begleiten, wenn sie später im Verein sind und mit anderen Eltern in Kontakt kommen – ich glaube da können die Kinder sozusagen den Anstoß geben über den Fußball."
Auch der Fußballklub TSV Malente und die Gemeinde Malente beteiligen sich deshalb an dem Projekt. Frithjof Lörchner vom Kreisjugendamt Ostholstein ist überzeugt von der Nachhaltigkeit des Integrationskonzeptes.
"Ich glaube, dass es eine gute Möglichkeit gibt, auch Eltern mit einzubinden, sie teilnehmen zu lassen an den Veranstaltungen, sie einzubinden, damit sie einen Eindruck bekommen, was Wichtiges mit ihren Kindern passiert. Dass die Akzeptanz dann bei den Familien dann auch größer wird. Das ist sicher nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen, aber es braucht Zeit und es hat doch eine Chance und es kann doch gelingen."

Vorläufer und Rückschläge

Seine Idee von "Integration durch Fußball" hat Bauer schon in der hessischen Stadt Hanau und in Stuttgart realisiert. Auf Rückschläge ist Bauer vorbereitet. In Lübeck zum Beispiel wechselte der zuständige, sehr engagierte Sportlehrer nach dem Integrationstag die Schule. Mit der Folge, dass die Fußball-AG nicht mehr angeboten wurde.
Mehr Integration für benachteiligte Kinder – dafür steht das Projekt "Happy Integration Kids - Doppelpass ins Leben". Eine Garantie für ein erfolgreiches Gelingen kann es jedoch nicht sein. Aber es ist zumindest ein ernsthafter und engagierter Versuch, der in die richtige Richtung geht.
Mehr zum Thema